Ein grauer Schleier statt pures Babyglück: Depressive Symptome rund um eine Geburt kommen häufiger vor, als die meisten Menschen vermuten. Eine Politikerin warnt nun, dass dieses Tabu die Gesundheit von Frauen gefährden könnte.
Depressive Symptome rund um die Geburt werden nach Worten der Grünen-Politikerin Kirsten Kappert-Gonther massiv unterschätzt. “Es fehlt an ausreichenden Versorgungsstrukturen für Menschen, die in einer der verletzlichsten Situationen ihres Lebens sind”, mahnte die Psychiaterin am Donnerstag. Sie äußerte sich vor dem Europäischen Depressionstag am Sonntag auf einer Pressekonferenz der European Depression Association (EDA).
Es handle sich nicht um ein Nischenthema: Peripartale und postnatale Depressionen, so der Fachbegriff, seien vielmehr häufige Realität. “Peripartal” meint die Zeit vor, während und direkt nach der Entbindung; “postnatal” kann auch spätere Phasen nach der Geburt bezeichnen. Kappert-Gonter verwies auf Studien, denen zufolge zehn bis 20 Prozent der Mütter betroffen seien. Sie bräuchten sofortigen Zugang zu Hilfe. “Screening und therapeutische Hilfe müssen Standard sein, nicht Glückssache.” Erhöht sei das Risiko bei Migrantinnen, geflüchteten Frauen und Frauen in Armut.
Eine patriarchale Vorstellung sorge hier für reale Schäden, mahnte die Politikerin, nämlich: “Sobald die Mutter das Baby im Arm hält, kommt die Glückseligkeit.” Diese erlebten betroffene Mütter auch, doch wenn sich ein “grauer Schleier” über alles lege, helfe die Erwartung, dass dies nicht sein dürfe, nicht weiter. “Auch diese Form von Depression ist gut behandelbar – wenn man sie zugesteht.”