Wo Ärzte Flüchtlinge anonym behandeln

In Göttingen werden anonymisierte Krankenscheine für Flüchtlinge ohne Aufenthaltspapiere ausgegeben – ein Modellversuch.

Ein neues Netzwerk hilft fremdsprachigen Patienten
Ein neues Netzwerk hilft fremdsprachigen PatientenAndrea Damm / Pixelio

Göttingen/Hannover. Sechs Wochen nach dem offiziellen Projektstart durch Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD) können Flüchtlinge ohne Aufenthaltspapiere in Göttingen künftig ohne Angst vor Abschiebung medizinische Leistungen in Anspruch nehmen. Die Ausgabe anonymisierter Krankenscheine beginne am 18. Januar, teilte die Medizinische Flüchtlingshilfe Göttingen mit. Die neue Geschäftsstelle des Vereins ist dann viermal wöchentlich für jeweils zwei Stunden geöffnet.
Mit den Krankenscheinen können sich papierlose Menschen in Arztpraxen behandeln lassen, ohne dass ihre Identität offengelegt wird. Im ersten Standort des Projekts in Hannover werden Krankenscheine für Papierlose bereits seit Anfang Januar ausgegeben. Die Anlauf- und Vergabestellen in Göttingen und Hannover stehen unter ärztlicher Leitung.

Ministerium gibt Millionen-Summe

Der Landtag in Hannover hatte Ende 2014 mit Mehrheit einen Antrag angenommen, in dem ein anonymer Zugang zur medizinischen Versorgung für Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus gefordert wurde. Für das Modellprojekt hat das Sozialministerium 1,5 Millionen Euro verteilt auf drei Jahre bereitgestellt. Mit dem Geld begleichen die Medizinische Flüchtlingshilfe und das Medi-Netz Hannover für Flüchtlinge erbrachte ärztliche Leistungen.
Ende 2018 soll das Projekt ausgewertet werden. Das Land will dann entscheiden, ob eine flächendeckende Gesundheitsversorgung für Papierlose eingeführt wird. Flüchtlingsberater schätzen die Zahl der Menschen ohne Aufenthaltspapiere bundesweit auf rund 500.000. In Niedersachsen sollen es nach Angaben des Sozialministeriums bis zu 50.000 sein. (epd)