“Wir können nicht warten, bis das Loch geschlossen wird”

Der Namensgeber ihrer Kirche St. Martin ist der evangelischen Martinsgemeinde in Fürth ein Ansporn, für die Menschen im Stadtteil da zu sein. In der Zeit zwischen dem Erntedankfest (6. Oktober) und dem Martinstag (11. November) läuft immer die Aktion „Teilen verbindet“. Menschen sind aufgerufen, haltbare Lebensmittel für die Tafel in die Kirche zu bringen.

epd: Welche Lebensmittel sollen die Fürther in die Kirche bringen?

Kielon: Ich sage immer, es sollten nicht nur Lebensmittel sein, die mit einem M beginnen: Mehl, Milch oder Marmelade. Es ist immer schön, wenn Leute etwas bringen, was sie sich selbst gerne mal leisten möchten: eine Ovomaltinecreme zum Frühstück, eine Rote-Bete-Schokolade oder eine fancy Süßigkeit aus dem Bioladen. Ich mag zum Beispiel eine bestimmte, sehr gute Nudelsorte, die tue ich dann in die Körbe. Einmal brachte jemand ein Glas exquisite Tomatensoße.

epd: Lebensmittelspenden der Tafel sind nötig, weil viele Menschen nicht genügend Geld zum Lebensunterhalt haben. Sie und Ihre Spenden schließen also eine Lücke, die eigentlich das Sozialsystem offen lässt. Das wird immer wieder kritisch bewertet. Wie gehen Sie mit solcher Kritik um?

Kielon: Das ist schon ein bedenkenswerter Kritikpunkt, aber die Menschen an der Armutsgrenze haben die Politiker selten vor Augen. Da können wir nicht warten, bis dieses Loch geschlossen wird. Es ist auch unser christlicher Auftrag, den Menschen zu helfen, und unsere Gemeinde hat sich ein Profil gegeben, in dem das niedergeschrieben ist.

epd: Wie gut gefüllt sind denn ihre Spendenkörbe, die ja in drei verschiedenen Kirchen stehen?

Kielon. Manchmal sind in einem Korb nur zwei Kilo Mehl, und in anderen Wochen werden wir überschüttet. Da kommen dann Leute in die Kirche und erklären, „ich habe letzte Woche vergessen, etwas zu bringen“. Manche kommen direkt vom Edeka um die Ecke nach dem Einkauf zu uns, um etwas abzugeben. Unsere Aktion dauert fünf Wochen lang, da hat jeder mal die Gelegenheit, etwas zu bringen. Aber, weil ich Pfarrerin durch und durch bin, gefällt es mir natürlich nicht, wenn jetzt schon Lebkuchen gespendet werden. Die sollten die Tafel-Gäste erst in der Adventszeit essen. (00/2943/02.10.2024)