Windenergie in der Lausitz
Klettwitz in der Lausitz setzt auf Innovation in Sachen erneuerbare Energien. Davon profitieren Kommune und Kirchengemeinde.
Während ich diesen Beitrag schreibe, braust draußen der Wind. Schön, denke ich – da kommt heute bei den Windenergieanlagen „wieder richtig was auf die Uhr“. Gemeint sind natürlich die Kilowattstunden, die in das Verteilnetz eingespeist werden. Das Licht, dass hier im Zimmer leuchtet, und der PC, an dem ich sitze, sind jetzt hier in Klettwitz in der Lausitz vermutlich komplett mit Energie aus erneuerbaren Quellen in Betrieb.
In unserem Ort ging der erste Windpark bereits 1999 in Betrieb. 38 Windenergieanlagen mit einer Leistung von je anderthalb Megawatt prägten fortan den Blick in die Landschaft. Die Windenergieanlagen wurden auf einer Abraumhalde des DDR-Braunkohlenbergbaus errichtet. Der Braunkohlenbergbau durchschritt in den 1990er Jahren eine tiefe Krise, vielerorts wurde abgewickelt und saniert. Die neuartige Windkraftnutzung war damals ein Zeichen der Zuversicht und des Neubeginns im ehemaligen Braunkohlenrevier. Noch symbolischer war das Bild hier in Klettwitz, wo Abraumhalden des fossilen Brennstoffabbaus zur Erzeugung erneuerbarer Energien genutzt wurden. Noch im Jahr 1984 gab es den Plan, den Ort 2004 gänzlich dem Bergbau zu opfern.
Stolz auf das Erreichte
Bau und Betrieb des Windparks brachte Arbeit und Geld in die Region. Die Gemeinde konnte sich seither unübersehbar etwas leisten, was wiederum auch die Vielzahl der Einwohner stolz auf das Erreichte machte. Die Zustimmung für die Erneuerbaren wuchs, man sah und sieht sich auf dem richtigen Weg.
So war es dann auch keine Überraschung, dass der Austausch der Windenergieanlagen durch höhere und leistungsstärkere Anlagen auf keinen Widerstand traf, sondern eher auf neugieriges Interesse, was der technische Fortschritt so hergibt: Kein Schattenschlag, Abschaltzeiten zwecks Fledermausschutz, demnächst Vogeldetektoren und auch kein nächtliches Blinken mehr.
Neues Image
Zudem war die Region nicht mehr die erste mediale Adresse für Niedergang und Trostlosigkeit. Stattdessen war über Neues zu berichten, über Erfolge und Fortschritt, die inzwischen in eine Vorreiterrolle mündeten. Auffällig war, wie sich besonders Kinder und Heranwachsende über die Entwicklung freuten. Ähnlich verhielt es sich in der örtlichen Kirchengemeinde. Die Gemeindeglieder blickten zufrieden nach vorn und sahen sich auf dem richtigen Weg. Manche Spende der „Windmüller“ machte Konzerte oder Gemeindefeste möglich, an die ansonsten nicht zu denken gewesen wäre.
Neben diesen materiellen Dingen rückt aber seit Jahren zunehmend ein anderer Belang in den Vordergrund. Sowohl aus den Medien als auch beim Blick in die eigene Umgebung merken wir, dass sich etwas verändert. Trockenheit, absterbende Bäume, ungewöhnliche Wetterphänomene. Hier waren und sind viele Menschen weiter als die „große Politik“ und befürworten, dass sich unsere Energieerzeugung, aber sicher auch unser Konsum und unsere Wachstumserwartungen ändern.
Solidarische Gerechtigkeit
Insofern ist jede Kilowattstunde Energie, die vor der Haustür schadstofffrei erzeugt wird, ein Beitrag zum Klimaschutz und zum Erhalt der Schöpfung. Die dezentrale Energieerzeugung an allen Orten, die sich dafür eignen, dient auch der solidarischen Gerechtigkeit. Nicht Energiekonsum auf Kosten anderer ist das Gebot der Stunde, sondern auch ein eigener Beitrag zu regionaler Energieerzeugung, und sei es eben nur der akzeptierende Blick auf einen Windpark.
Insofern kann man hierbei auch christliches Handeln sehen: Nicht ein angenehmes Leben auf Kosten anderer Menschen, sondern ein eigener Beitrag, um die Schöpfung zu bewahren und sich auch in Zukunft eine bestimmte Lebensqualität leisten zu können. In diesem Sinne: Allzeit gut Wind!
Martin Konzag ist Leiter des Bauamts der Gemeinde Schipkau und Mitglied im Gemeindekirchenrat der Kirchengemeinde Klettwitz im Kirchenkreis Niederlausitz.