Wie Wohnungslose und behinderte Menschen ihre Stimme abgeben

Wählen, aber wie? Für Wohnungslose, Häftlinge und Menschen mit Behinderung wird die Bundestagswahl eine Herausforderung. So helfen Diakonie und andere Einrichtungen.

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Hannover/Celle. Wohnungslose ohne Meldeadresse sind nicht im Wählerverzeichnis eingetragen und erhalten keine Wahlbenachrichtigung. In Hannover bieten der Kontaktladen „Mecki“ der Diakonie, die Caritas und der Tagesaufenthalt Nordbahnhof Unterstützung an. Wer bis drei Wochen vor der Wahl einen Antrag auf Eintragung in ein Wählerverzeichnis gestellt hat, darf wählen. Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe können dafür Sammelanträge einreichen, um den bürokratischen Aufwand für den Einzelnen so niedrig wie möglich zu halten. Fehlt der Ausweis, kann auch ein Sozialarbeiter die Identität bestätigen.

„Die Hürde, in eine große Behörde ohne Ausweis zu gehen, ist groß“, sagt Veronika Horn, Sozialarbeiterin im Kontaktladen „Mecki“. Deshalb könnten registrierte Obdachlose im „Mecki“ und den anderen Einrichtungen ihre Briefwahlunterlagen ausfüllen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe schätzt die Zahl der wahlberechtigten Wohnungslosen in Deutschland auf rund 180.000. Wie viele davon tatsächlich wählen, werde aber nicht erfasst, sagt-Geschäftsführerin Werena Rosenke.

Sonderwahlbezirk Gefängnis

Auch die bundesweit rund 30.000 Häftlinge dürfen in aller Regel wählen. Während in einigen Gefängnissen Sonderwahlbezirke eingerichtet werden, geschieht das andernorts vor allem per Briefwahl. „Das hat sich bei uns gut eingespielt“, sagt Darienne Pohl von der Stadt Celle. Vor der Wahl würden die Wählerverzeichnisse mit den Häftlingen abgeglichen, die zu der Zeit in der Justizvollzugsanstalt Celle einsitzen. Für Freigänger sei auch der Besuch ihres Wahllokals möglich.

 

Die bundesweit etwa 7,9 Millionen Menschen mit schweren Behinderungen stehen wieder vor anderen Herausforderungen. Wer nicht lesen kann oder motorisch nicht in der Lage ist, selbst die Kreuze zu machen und den Stimmzettel einzuwerfen, kann die Unterstützung einer Hilfsperson seiner Wahl in Anspruch nehmen. Dies kann auch ein Wahlhelfer vor Ort sein. Wichtig ist, dass die Hilfsperson ausschließlich die Wünsche des Wahlberechtigten ausführt – sonst macht sie sich der Wahlfälschung strafbar. Für sehbehinderte Menschen gibt es spezielle Stimmzettel-Schablonen.

Die Diakonie Himmelsthür in Hildesheim informiert Bewohner zum Teil in Hausversammlungen über die zur Wahl stehenden Kandidaten und die Wahlprogramme, sagt Sprecherin Ute Quednow. Am Wahltag würden orientierungslose Personen zum Wahllokal begleitet, auch Fahrdienste seien möglich. Nach einem Verfassungsgerichtsurteil von 2019 dürfen erstmals bei einer Bundestagswahl auch jene 85.000 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen wählen, die dauerhaft auf eine rechtliche Betreuung angewiesen sind. (epd)