Wie ehrenamtliche Flüchtlingshelfer arbeiten

Die Integration von Zugewanderten in Deutschland ist spätestens seit 2015 Daueraufgabe. Ehrenamtliche Helfer in Bonn erzählen, wie sich ihre Arbeit seitdem verändert hat.

Am Anfang dachten die ehrenamtlichen Helfer: “Das dauert zwei Jahre und dann machen wir was anderes.” Das war im Jahr 2016, zum Start des integrativen Begegnungscafes im Bonner Süden. “Irgendwann war uns klar, Integration ist eine langfristige Aufgabe”, erklärt Konstanze Nolte. Sie leitet das ökumenische Cafe in den Räumen der katholischen Kirchengemeinde Sankt Elisabeth. Ein Ort, an dem die Helfer ein offenes Ohr für Zugewanderte haben. Mit viel Verständnis, aber auch einer guten Portion Realismus.

“Am Anfang haben wir uns so durchgeschlagen. Aber im Laufe der Zeit wurden wir richtig professionell, haben auch Schulungen gemacht”, berichtet Nolte. Diese Expertise wird von Zugewanderten aus aller Herren Länder angenommen. Jeden Dienstag kommen die Menschen, um sich im Begegnungscafe zu unterhalten oder Hilfe beim Ausfüllen von Formularen zu finden.

Das Pfarrheim in der Südstadt verwandelt sich dann zwischen 16 und 18 Uhr in eine Mischung aus Büro, Kaffeeklatsch und Spielplatz. Im Garten tollen Kinder, im Hauptraum tauschen sich Menschen bei Heißgetränken und Kuchen aus und in der Bibliothek sitzen zum Beispiel ein Pensionär und eine Frau mit Kopftuch und füllen zusammen Anträge aus.

Ein Konzept, das aufgeht. “Die Erfolgserlebnisse dominieren. Das merkt man vor allem bei den Kindern. Da sind immer wieder welche, die es aufs Gymnasium schaffen oder in einem Verein aufgenommen werden”, sagt Nolte. Ein gutes Zeichen für die Integration sei außerdem, dass Gesichter, die früher oft hier zu sehen waren, immer seltener auftauchten: “Ein Großteil der Männer, gerade der Familienväter, hat jetzt einen Job, viele von den Frauen auch. Die Kinder sind in der Schule. Und viele gehen in den Sportverein.”

Natürlich gebe es auch die schwarzen Schafe, erzählt Nolte: “Hier gibt es auch Leute, die keine Lust haben zu arbeiten. Die zufrieden sind, wenn die Frau putzen geht und der Mann zuhause sitzt.” Aber das sei die Ausnahme. Die meisten wachsen ihrer Ansicht nach in das Leben in Deutschland hinein. Dabei regt es Nolte auf, dass manche Menschen glauben, Flüchtlingshelfer hätten keinen Blick für Fehler in der Integration: “Uns wird oft vorgeworfen, wir sind alle naive Gutmenschen. Das finde ich unverschämt. Was alles nicht funktioniert, sehen wir ja auch.”

Eines der vielen positiven Beispiele ist Munira Hussein. Sie ist 2015 aus Eritrea nach Deutschland gekommen. Seit 2022 kommt sie ins Cafe. Gerade am Anfang war sie froh über die Formularhilfe: “Die Bürokratie hier macht mich verrückt. Die Sprache, die ich im Sprachkurs gelernt habe, ist eine andere als in den Briefen. Die Leute hier haben mir geholfen, sie zu verstehen. Mit Herz und nicht von oben herab.” Inzwischen hat Hussein Arbeit gefunden.

Den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, war auch für Nolte eine Motivation, sich zu engagieren. “Es war an Heiligabend 2014”, erinnert sie sich. “Ich habe in der Kirche das Krippenspiel geschaut. Und in dem Moment, als Josef und Maria auf Herbergssuche waren, hat eine Frau hinter mir gesagt: Och nö, die blöden Flüchtlinge kommen jetzt auch zu uns.” Da sei ihr klar geworden, sie möchte etwas tun.

Neben ihrem Ehrenamt arbeitet die Sozialarbeiterin Nolte als kirchliche Integrationsbeauftragte in Bonn. In beiden Rollen ist sie dabei Teil der “Aktion Neue Nachbarn” (ANN), der Flüchtlingshilfe des Erzbistums Köln, die in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen feiert. In jeder größeren Stadt des Bistums arbeiten ANN-Integrationsbeauftragte, die vor Ort Gemeinden unterstützen. Als Ehrenamtliche weiß Nolte, wie wichtig solche Programme sind: “Wenn wir etwa Ausflüge planen, dann beantrage ich Geld bei der ANN. Damit haben wir zum Beispiel Bildungsurlaub für Frauen anbieten können.”

Neben dieser Unterstützung stimmt Nolte auch die Herzlichkeit der Menschen zuversichtlich für die Zukunft – sowohl von Geflüchteten als auch von Einheimischen. So erinnert sie sich an eine ältere Frau, die für das Cafe 100 Wärmflaschen spenden wollte. “Sie hat mir selbst von ihrer Flucht im Zweiten Weltkrieg erzählt und hat sich erinnert, wie sie damals gefroren hat. Sie wollte dann nicht, dass die Syrer, wenn sie aus einem warmen Land herkommen, auch frieren.”