Wie die Kirchen in Baden-Württemberg gendern

Sprache soll alle Menschen ansprechen. Darin sind sich die Kirchen in Baden-Württemberg einig. Einzig die Erzdiözese Freiburg hat für alle Dienststellen verbindliche Regelungen aufgestellt.

Laut Umfrage ist 43 Prozent der 14- bis 29-Jährigen das Thema Gendern wichtig (Symbolbild)
Laut Umfrage ist 43 Prozent der 14- bis 29-Jährigen das Thema Gendern wichtig (Symbolbild)Imago / Martin Müller

In Politik und Gesellschaft wird kontrovers über das „Gendern“, das geschlechtergerechte Formulieren, diskutiert. Streit gibt es vor allem um Sonderzeichen wie Gender-Sternchen, Binnen-I, Unterstrich oder Doppelpunkt. Die evangelischen und katholischen Kirchen in Baden-Württemberg setzen sich für eine geschlechtersensible Sprache ein. Sie empfehlen, weibliche und männliche Formen gemeinsam zu nutzen oder geschlechtsneutrale Begriffe, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab.

Warum dies wichtig ist, erläutert Claudia Baumann, Landeskirchliche Beauftragte für Gleichstellung und Diversity (Karlsruhe): Menschen unterschiedlicher geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung seien zu lange gerade in der Kirche abgewertet und ausgeschlossen worden. Daher rate die Evangelische Landeskirche in Baden ihren Mitarbeitenden, auf eine geschlechtersensible Sprache zu achten.

Evangelischen Landeskirche in Württemberg: ohne Gender-Stern oder Doppelpunkt

Gesamtgesellschaftlich sei die Geschlechtergerechtigkeit nach wie vor nicht realisiert. Dabei habe Kirche eine Vorbildfunktion, sagte die evangelische Theologin: „Indem Kirche als Teil der Sprachgemeinschaft die Sprachnorm von heute und morgen bewusst mitgestaltet, setzt sie sich für ein gerechtes Miteinander aller Geschlechter ein.“ Zugleich stelle sie sich damit der zunehmenden queer-feindlichen Gewalt entgegen.

Die Schreibweise der Evangelischen Landeskirche in Württemberg ist im offiziellen Schriftverkehr an die Regelungen von Duden und der Nachrichtenagenturen angelehnt, „also ohne Gender-Stern oder Doppelpunkt, aber mit geschlechtergerechter Ansprache“, erklärt Kirchenrat Dan Peter. Dabei gehe es weniger um Favorisierung einer bestimmten Schreibweise oder „Sprache“, sondern auch um Barrierefreiheit und Verständlichkeit.

„Die Verwendung im allgemeinen Schriftverkehr und auch in Ansprachen ist aber nicht streng reglementiert, sondern persönlicher Freiheit überlassen“, so Peter. Durch geschlechtersensible Sprache würden „alle Menschen, Frauen, Männer und Personen des ‚dritten‘ Geschlechts (Diverse), gleichermaßen angesprochen und erfahren Wertschätzung“, heißt es auf der Homepage.

Diözese Rottenburg-Stuttgart: Geschlechtsneutrale Begriffe

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart empfiehlt in ihrer „Handreichung geschlechtersensible Sprache“ die Verwendung von Paarformen, die Nennung beider Geschlechter sowie geschlechtsneutrale Begriffe. Die vorhandenen Möglichkeiten sollten „in geeigneter Weise kreativ“ genutzt werden, bis sprachliche Neuerungen in das verbindliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufgenommen seien.

„Als einzig zulässiges Sonderzeichen“ sei auch der Doppelpunkt möglich, heißt es aus dem Bistum. Schrifterzeugnisse mit Rechtsverbindlichkeit würden weiterhin nach den geltenden Regeln der deutschen Rechtschreibung verfasst und damit ohne Sonderzeichen.

Erzdiözese Freiburg: Feminine als auch die maskuline Form verwenden

Einzig die Erzdiözese Freiburg hat 2018 für alle Dienststellen verbindliche Regelungen zur Verwendung geschlechtersensibler Sprache aufgestellt. „Grundsätzlich wird, wo sowohl Frauen als auch Männer im Blick sind, sowohl die feminine als auch die maskuline Form verwendet (Doppelnennung)“, erläutert Pressesprecher Marc Mudrak.

Es sei ein wichtiges Anliegen der Erzdiözese, das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen. „Sprache ist ein wichtiges Ausdrucksmittel unseres Denkens und spiegelt unsere Interessen und unser Bewusstsein wider“, so Mudrak.