Wie demokratisch geht’s zu im Pommerschen Kirchenkreis?

Unsere Redaktion wollte vor der pommerschen Synode die Unterlagen einsehen. Ohne Erfolg. Was bedeutet das für die Demokratie? Nachgefragt bei Karl-Georg Ohse vom Projekt „Kirche stärkt Demokratie“.

Wünscht sich, dass Kirche zum Vorreiter wird in Sachen Partizipation: Karl-Georg Ohse
Wünscht sich, dass Kirche zum Vorreiter wird in Sachen Partizipation: Karl-Georg Ohseprivat

Herr Ohse, die Mecklenburgische & Pommersche Kirchenzeitung bittet vor jeder pommerschen Synode darum, die Synodal­unterlagen einsehen zu dürfen, um möglichst viele Menschen vorab über die anstehenden Beschlüsse und Hintergründe zu informieren – auch vor dieser Synode am 18. November. Doch der Kirchenkreisrat rückt die Papiere vorab nicht raus. Wie demokratisch ist das aus Ihrer Sicht?
Karl-Georg Ohse: Gar nicht demokratisch, weil die Entscheidungsprozesse auf diese Weise nicht transparent werden. Und selbst die Synodalen werden ja nicht früh genug informiert, da fängt das undemokratische Element schon an! Der Kirchenkreisrat bereitet zig Beschlüsse vor, die auf der Synode im Schnelldurchgang abgestimmt werden. Und er gibt die Unterlagen erst zwei Wochen vorher raus, sodass den Synodalen kaum Zeit bleibt sich einzulesen. Das sind komplexe Sachverhalte, und zur Synode gehören Laien! Vier Wochen im Voraus sollte man die Unterlagen schon bekommen. Die Synoden haben ja auch eine Kontrollfunktion gegenüber den Leitenden.

Wenn ein weltliches Parlament sagen würde: Liebes Volk, worüber genau wir nächste Woche abstimmen, geht euch nichts an. Wir teilen euch unsere Beschlüsse nachher mit. Gäbe es da nicht einen Aufschrei?
Ja, und ich verstehe diese Geheimniskrämerei auch nicht. Was soll denn passieren, wenn die Synoden-Unterlagen vorher rausgegeben werden? Das könnte man ruhig machen: an die Kirchenzeitung und auch an Tageszeitungen.

Journalisten könnten ein Thema anders darstellen als der Kirchenkreisrat, und das könnte die Synodalen beeinflussen.
Ja, da muss man durch in einer Demokratie! Was ist das für ein Argument, ein Mehr an Wissen zu verhindern? Das bedeutet, die Synodalen zu entmündigen. Ich erlebe das auch als MAV-Mitarbeiter: Wir werden oft vor vollendete Tatsachen gestellt. Auf vielen Ebenen scheint in der Kirche noch das Denken vorzuherrschen: Laien durchschauen die Zusammenhänge sowieso nicht. Die Hirten sagen, wo’s langgeht, die Schäfchen werden schon zustimmen!

Mehr Transparenz in der Kirche, mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung – wofür wäre das überhaupt gut?
Das wäre ermutigend für alle, die sich in der Kirche engagieren, aber auch für die, die sich noch nicht in ihr engagieren. Außerdem gilt bei uns Protestanten das Priestertum aller Gläubigen! Und Informationen bedeuten Macht. Diese Macht sollte nicht auf den Leitungsebenen festgehalten werden. Ich wünsche mir, dass Kirche eine Vorreiterrolle bei Partizipation und Mitbestimmung übernimmt und ein Beispiel für andere gesellschaftliche Gruppen wird.

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