Wie “Buy now, pay later”-Angebote die Verschuldung anheizen

Viele Menschen verlieren bei “Buy now – pay later”-Angeboten den Überblick: Die Verschuldungen steigen aktuell deutlich, so eine Untersuchung der Schuldnerberatungen. Daran habe auch mangelnde Transparenz ihren Anteil.

Wer kennt das nicht: Ein schneller Klick – und schon landet die anvisierte Hose, Bahncard oder die neue Spülmaschine im virtuellen Warenkorb und wird alsbald geliefert. Wer nicht will – oder nicht kann – muss bei vielen Produkten zu diesem Zeitpunkt noch nicht bezahlen, sondern kann die Rechnung aufschieben, bis es ihm besser passt. Viele Unternehmen locken online mit diesem Angebot: “Buy now, pay later”.

Dass das auch ins Auge gehen kann – und zwar für immer mehr Menschen – zeigt jetzt eine aktuelle Studie unter rund 1.000 Schuldnerberatungsstellen in Deutschland, die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Demnach gibt es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von Ratsuchenden, die in die “Buy now – pay later”-Falle getappt sind, um rund 60 Prozent, sagte Roman Schlag, Referent für Schuldnerberatung beim Caritasverband im Bistum Aachen.

Mit solchen Angeboten werde auch versucht, Löcher in der Haushaltskasse zu stopfen, so Schlag. “Nach dem Motto: Ich brauche die Hose jetzt, kann sie aber erst später bezahlen.” Zunehmend handele es sich bei verschuldeten Personen um junge Menschen unter 25 Jahren. Das sei besonders alarmierend, sagte Schlag: “Schulden bauen sich normalerweise lange auf.”

Zudem gerieten auch mehr Menschen in die Schuldenfalle, die erwerbstätig seien (44 Prozent mehr als im Vorjahr). “Diese wären ohne Inflation mit ihrem Budget noch klar gekommen. Jetzt nicht mehr”, sagte Schlag. Beinahe die Hälfte der Beratungsstellen (48 Prozent) berichten von einem höheren Aufkommen an Ratsuchenden mit Energieschulden. 28 Prozent mehr Klientinnen und Klienten als noch im Herbst 2023 haben Mietschulden. Auch Menschen mit Wohneigentum gehörten laut Befragung zu den Ratsuchenden. Insgesamt suchten demnach im vergangenen Jahr rund 600.000 Menschen bundesweit Rat bei einer Schuldnerberatung.

Hauptgrund für die steigende Verschuldung durch “Buy now – pay later”-Angebote sei, dass viele Menschen den Überblick verlören. “Wir fordern deshalb mehr Transparenz zu den Konditionen des Kaufs – und zwar nicht im Kleingedruckten”, sagte Wiebke Rockhoff, Referentin für Schuldnerberatung bei der Diakonie Deutschland.

Zudem sei eine finanzielle Allgemeinbildung von klein auf nötig. “Junge Menschen fühlen sich hier oft alleingelassen und wünschen sich solche Informationen auch in der Schule.” Bei Mädchen sei das finanzielle Wissen erfahrungsgemäß weniger vorhanden als bei Jungen.

Auch brauche es einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Schuldnerberatung sowie eine flächendeckende Finanzierung. “Verschuldung ist in unserer Marktwirtschaft gewünscht. Das kann aber schnell kippen”, so Rockhoff. Für die Gesellschaft sei es langfristig günstiger, eine gute Beratung zu finanzieren. “Verschuldung kann jedem passieren”, sagte sie.

An steigender Verschuldung hätten auch zahlreiche Krisen – Pandemie, Krieg, Inflation, zuletzt das Hochwasser in Süddeutschland – ihren Anteil, sagte Schuldnerberater Schlag. Verletzliche Gruppen, also Menschen in prekären Einkommenssituationen, stünden dann besonders unter Druck.

Dass junge Menschen zunehmend verschuldet sind, war auch jüngst das Ergebnis einer Jugendstudie, die von Sozialwissenschaftler Klaus Hurrelmann und weiteren Forschern vorgelegt wurde: Während vergangenes Jahr knapp 16 Prozent aller Befragten zwischen 14 und 29 Jahren angaben, finanzielle Schulden zu haben, lag dieser Wert 2024 bei 19 Prozent. “Der gesamtgesellschaftliche Wohlstandsknick bedeutet für viele, dass sie sich weniger leisten können und verzichten müssen. Gleichzeitig tut der Vergleich über Social Media weh, weil es so wirkt, als ginge es allen anderen super”, erklärten die Jugendforscher. Wer mithalten wolle, gerate leicht in die Verschuldung.