Westfälische Kirche lässt Verdachtsfall in Siegen extern prüfen

Die westfälische Kirche lässt den Verdachtsfall von sexualisierter Gewalt in Siegen von externen Fachleuten untersuchen. Die Kirchenleitung habe eine umfangreiche Untersuchung beschlossen, teilte die westfälische Kirche am Freitag in Bielefeld mit. Die Prüfung werde einer von der Kirche unabhängigen Kanzlei übertragen.

Im Zusammenhang mit dem Verdachtsfall in Siegen war die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, am 20. November von beiden Leitungsämtern zurückgetreten. Im Raum standen Vorwürfe, mit dem Verdachtsfall an ihrem früheren Arbeitsort Siegen nicht ausreichend transparent umgegangen zu sein. Der Beschuldigte, den Kurschus gut kennt, soll in den 90er Jahren junge Männer sexuell bedrängt haben.

Die beauftragte Kanzlei soll nun die mit dem Vorgang verbundenen rechtlichen Aspekte prüfen, soweit sie über die unmittelbar von der Staatsanwaltschaft zu verfolgenden strafrechtlichen Fragen hinausgehen, hieß es in dem Beschluss der Kirchenleitung. Ziel der Prüfung sei es, auf der Grundlage der Ergebnisse gegebenenfalls notwendige Verfahren führen zu können. Darüber hinaus werde die Kirchenleitung eine sozialwissenschaftliche sowie eine kommunikationswissenschaftliche Aufarbeitung des Siegener Interventionsfalls und der damit verbundenen Prozesse und Folgen in Auftrag geben, erklärte die Landeskirche weiter.

Mit dem Auftrag zur unabhängigen Aufarbeitung untermauere die Kirchenleitung „ihren festen Willen, alle Aspekte des Siegener Falles lückenlos zu erkennen und aufzudecken“, hieß es weiter. Das Vorhaben finde auch die Zustimmung der zurückgetretenen Präses. Sie begrüße den Beschluss der Kirchenleitung, unabhängig, extern und mit fachlicher Expertise alle Vorgänge um die Fälle sexualisierter Gewalt im Kirchenkreis Siegen umfassend aufzuarbeiten, erklärte Kurschus. „Das entspricht dem von mir auch schon als Präses formulierten Anliegen und Anspruch auf umfängliche unabhängige Aufklärung.“

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft dauern noch an, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Freitag dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte. Aktuell gebe es keine neuen Erkenntnisse. Bislang hatte die Staatsanwaltschaft keine strafrechtliche Relevanz des Falles gesehen, der viele Jahre zurückliege. Zudem seien die mutmaßlichen Geschädigten zum Zeitpunkt der Vorfälle volljährig gewesen. Der Beschuldigte, ein ehemaliger Mitarbeiter des Kirchenkreises, soll laut Staatsanwaltschaft seine Stellung ausgenutzt haben, um erwachsene junge Männer „irgendwie zu verführen, dass sie mit ihm homosexuelle Handlungen vornehmen“.