Wenn Prostituierte Hilfe brauchen

Unter dem Dach der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. sind regional mit TAMAR Südwestfalen, TAMAR Münsterland und THEODORA für Ostwestfalen-Lippe drei mobile Beratungsangebote vereint, die Prostituierten zur Seite stehen, sie begleiten

Diana hat sich vor neun Jahren für die Prostitution entschieden. Die 38-Jährige ist hoch verschuldet. Die Polin hat ihre drei Kinder nach Deutschland geholt, um ihnen bessere Bildungschancen sowie medizinische Unterstützung zu ermöglichen. Sie plant einen Ausstieg aus der Prostitution, weiß aber nicht, welche Schritte hierzu notwendig sind.
Frauen wie Diana wenden sich an eine der drei Beratungsstellen unter dem Dach der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V. Der Frauenverband hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein mobiles Beratungsangebot für Prostituierte im ländlichen Raum aufzubauen. Die Mitarbeiterinnen beraten und begleiten Frauen, die in Clubs, Bars, Appartements, Wohnungen, Wohnwagen und Kneipen sexuelle Dienstleistungen anbieten.
„Prostitution gibt es nicht nur in größeren Städten und in Ballungsräumen“, fasst Pfarrerin Birgit Reiche, Leiterin der Beratungsstellen in Ostwestfalen-Lippe, in Südwestfalen und im Münsterland, zusammen. „Es ist ein Beruf wie jeder andere, aber auch kein Beruf wie jeder andere“, stellt die 54-Jährige fest. Sexarbeiterinnen, so weiß sie, erfahren häufig Stigmatisierung und stoßen auf Ablehnung.
2011 wurde in Ostwestfalen-Lippe die Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle THEODORA installiert. „Im letzten Jahr haben wir 141 Prostituierte beraten und begleitet“, berichtet Katharina Hontscha-Sta­vropoulos. Die HILFE-LOTSINNEN sind ein Kooperationsprojekt mit der Regionalen Personalentwicklungsgesellschaft (REGE) mbH in Bielefeld. Projektziel ist die Ansprache und Vermittlung von Armuts-Prostituierten unter den neu zugewanderten EU-Bürgerinnen in das Hilfesystem in den Kommunen in Ostwestfalern-Lippe (OWL). „Wir fungieren häufig auch als Kultur-Mittlerinnen“, weiß die Sozialarbeiterin.
Seit Oktober 2014 beraten und begleiten Mitarbeiterinnen von TAMAR Südwestfalen Prostituierte. Sie konnten seitdem insgesamt 102 unterschiedliche Prostitutionsbetriebe im Hochsauerlandkreis, Märkischen Kreis, den Kreisen Olpe, Soest und Siegen-Wittgenstein sowie in der Stadt Hamm ausfindig machen und aufsuchen. Zu mehr als 1700 Prostituierten hat TAMAR Kontakt aufgenommen, 218 Frauen wurden intenaiv psychosozial und rechtlich beraten und begleitet. 22 Klientinnen davon befanden sich im Ausstiegsprozess. „Die Frauen finden sonst keine Hilfe, wissen einfach nicht, wohin“, sagt Tatjana, Bordellbetreiberin in Arnsberg. „Gut, dass es TAMAR gibt“, fügt sie hinzu.
Nach andauerndem politischem Druck auf unterschiedlichen Ebenen können Prostituierte sich weiterhin an die Beratungsstelle TAMAR Südwestfalen wenden. Die Finanzierung des Projektes ProBOA („Prostitution: Beratung, Orientierung, Ausstieg“) sichert den Fortbestand mit zwei Stellen für zwei Jahre.
„Seitdem das Prostituiertenschutzgesetz Mitte letzten Jahres in Kraft getreten ist, müssen wir sowohl die in der Prostitution arbeitenden Frauen als auch Mitarbeitende von Behörden über das neue Gesetz informieren“, hebt Sabine Reeh, Beraterin bei TAMAR, hervor.
Seit Kurzem hat die Beratungsstelle TAMAR Münsterland ihre Arbeit aufgenommen. Das neue Beratungsangebot in den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt und Warendorf sowie der Stadt Münster wurde Ende April der Fachöffentlichkeit vorgestellt. Anfang Juni wurden die Mitarbeiterinnen in einem Gottesdienst in Münster eingeführt und die Beratungsstelle eröffnet mit über 50 Gästen. „Wir bekommen bislang gute Rückmeldungen von Prostituierten, Behörden, Beratungsstellen und Betreibern“, stellt Pfarrerin Angelika Weigt-Blätgen, leitende Pfarrerin der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e.V., fest. „Das ist eine gute Basis für unsere Aufbauarbeit im Münsterland.“

TAMAR Südwestfalen
TAMAR Münsterland
Prostituierten- und Ausstiegsberatung: Feldmühlenweg 17, 59494 Soest, Telefon (0 29 21) 37 12 44, E-Mail: info@tamar-hilfe.de, Internet: www.tamar-hilfe.de.

THEODORA
Prostituierten- und Ausstiegsberatung: Bielefelder Straße 25, 32051 Herford, Telefon (0 52 21) 3 42 71 11, E-Mail: info@theodora-owl.de, Internet: www.theodora-owl.de.