Weltklimakonferenz weiter in chaotischer Endphase
Bei der Weltklimakonferenz in Baku steht ein Scheitern im Raum. Die Verhandlungen in der aserbaidschanischen Hauptstadt wurden am Samstagabend (Ortszeit) mehr als 24 Stunden nach dem offiziellen Ende des Gipfels zunehmend chaotisch. Unter anderem zogen sich die Gruppe der kleinen Inselstaaten (Aosis) und besonders arme Länder für Beratungen aus den Verhandlungen zurück.
Zugleich rief die aserbaidschanische Konferenzleitung für 20 Uhr (Ortszeit) ein Plenum ein. Beschlussentwürfe zu den noch offenen Streitfragen lagen zu dem Zeitpunkt jedoch nicht vor. Konferenzpräsident Mukhtar Babayev rief die Delegierten aus aller Welt dazu auf, einen Kompromiss zu finden und warnte vor der knapper werdenden Zeit.
Seit zwei Wochen ringen die Staaten in Baku um einen Kompromiss. Dabei geht es vor allem um die zukünftigen Klima-Hilfsgelder für arme Länder, aber auch um die nächsten Schritte zur Senkung von Emissionen. Die Konferenz hätte am Freitag enden sollen.
Die Aosis-Gruppe begründete den Rückzug aus den Verhandlungen zum Klimafinanzierungsziel damit, dass die Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Länder dabei bisher nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Dennoch wolle man vorerst nicht aus dem Prozess aussteigen, sondern eine gute Vereinbarung sichern.
Panamas Gesandter für Klimaschutz, Juan Carlos Monterrey Gomez, äußerte sich ebenfalls enttäuscht über den Verlauf der bisherigen Verhandlungen. Aber es brauche einen Deal, sagte er vor Journalisten: „Der ganze Planet steht auf dem Spiel.“ Auf die Frage nach den weiteren Schritten sagte er: „Ich werde eine Zigarette rauchen und meine Zähne putzen.“
Ein am Freitag von der aserbaidschanischen Konferenzleitung vorgelegter Beschlussentwurf hatte für viel Kritik gesorgt. Demnach sollten die Klima-Hilfsgelder für arme Länder von derzeit mindestens jährlich 100 Milliarden US-Dollar bis 2035 auf 250 Milliarden Dollar anwachsen. Bei der Bereitstellung der Mittel sollen die Industrieländer die führende Rolle übernehmen. Die Entwicklungsländer fordern in Baku deutlich mehr Geld. Auch ist umstritten, ob in Zukunft weitere Länder mit hohen Emissionen wie China oder die Golfstaaten einzahlen.
Bei den Verhandlungen über die nächsten Schritte zur Minderung klimaschädlicher Treibhausgasemissionen gibt es ebenfalls Streit. Vor allem Saudi-Arabien versucht offenbar, die vergangenes Jahr in Dubai beschlossene Abkehr von fossilen Brennstoffen und die Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien zu verwässern. Für die EU ist ein Zurückfallen dahinter eine rote Linie.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) beklagte am Samstagnachmittag geopolitische Machtspiele auf der Konferenz. „Hier auf der Klimakonferenz in Baku befinden wir uns inmitten eines geopolitischen Machtspiels einiger der fossilen Staaten“, sagte Baerbock vor Journalisten: „Ihr Spielbrett ist leider der Rücken der ärmsten und verletzlichsten Länder.“
Baerbock betonte: „Wir als europäische Delegation werden nicht akzeptieren, dass der Weg von Dubai, der hin zu Klimagerechtigkeit führen soll, hier aufgegeben wird.“
Wie es aus Verhandlungskreisen hieß, berieten auch Delegierte aus der EU und den USA mit Vertreterinnen und Vertretern der Aosis-Gruppe und den am wenigsten entwickelten Ländern. Es gehe darum, Brücken zu bauen, nachdem die COP-Präsidentschaft ihre Anliegen in den Texten bislang nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Wie es weitergeht, war zunächst unklar. Beobachter rechnen mit weiteren Verhandlungen bis in die Nacht. Für eine Einigung müssten die Beschlüsse noch von den Teilnehmerstaaten im Plenum verabschiedet werden. Auch die aserbaidschanische Konferenzleitung steht in der Kritik. Dabei säte der Gastgeber, dessen Wirtschaft von Gas und Öl abhängt, selbst Zweifel an der eigenen Rolle. In einer Rede in den ersten Tagen des Gipfels bezeichnete der autoritär regierende Staatschef Ilham Aliyev Öl und Gas demonstrativ als ein „Geschenk Gottes“.