Im früheren Bürgerkriegsland Syrien haben sich die Brotpreise verzehnfacht, Millionen leiden unter Hunger. Inmitten einer zerstörten Infrastruktur geht das Land auf den Winter zu. Hinzu kommt politische Unsicherheit.
Ein Jahr nach dem Sturz von Diktator Baschar al-Assad warnt die Welthungerhilfe vor einer Verschlimmerung der katastrophalen Lage in Syrien. “Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung sind auf humanitäre Unterstützung angewiesen. 9,1 Millionen Menschen leiden akut unter Hunger”, teilte die Hilfsorganisation am Dienstag in Berlin mit. Trotz des enormen Bedarfs sei die internationale Unterstützung für das einstige Bürgerkriegsland unzureichend: Von den im Hilfsplan der UN veranschlagten 3,2 Milliarden US-Dollar im Jahr 2025 seien bislang erst 27 Prozent finanziert.
“Ein Drittel der Infrastruktur ist zerstört”, so Lennart Lehmann, Leiter der Welthungerhilfe in Syrien. “Die Wasserversorgung ist an vielen Orten völlig unzureichend, Schulen und Gesundheitszentren sind stark beschädigt. Selbst Lebensmittel sind vielerorts schwer zu bekommen.” Laut der Organisation kostet ein Brot inzwischen zehnmal mehr als vor zwei Jahren. Zudem sei der Konkurrenzkampf um Arbeitsplätze enorm.
Seit Dezember 2024 sind laut UN mehr als drei Millionen Geflüchtete aus dem In- und Ausland in ihre Heimatregionen in Syrien zurückgekehrt. Der bevorstehende Winter mit Regen und Schneefall werde die Lage in den Dörfern und Camps noch weiter verschärfen, betonte die Welthungerhilfe. “Der Wiederaufbau wird Jahrzehnte dauern”, so Lehmann. “Damit die Menschen eine faire Chance auf einen Neuanfang haben, brauchen sie von der internationalen Gemeinschaft klare finanzielle Zusagen für den Wiederaufbau.” Aber es brauche auch politische Sicherheit und die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Mitgestaltung.
Am 8. Dezember 2024 hatten Rebellen unter Führung der islamistischen HTS-Miliz die Hauptstadt Damaskus eingenommen. Diktator Assad floh ins Exil nach Moskau. Als Übergangspräsident führt der einstige HTS-Chef Ahmed al-Scharaa die Regierung. In diesem Jahr kam es mehrfach zu Gewalt und Massakern an Minderheiten wie den Alawiten und Drusen durch islamistische Milizionäre. Unterdessen haben die USA die während des Bürgerkriegs 2011 bis 2024 gegen das Assad-Regime verhängten Sanktionen ausgesetzt.