Schon lange weisen Fachleute darauf hin, dass Pflegekräfte in der Patientenversorgung eigentlich mehr tun könnten als bislang vorgesehen. Nach einem Anlauf in der vergangenen Wahlperiode, der wegen des Bruchs der Ampel-Koalition nicht mehr zum Abschluss kam, nahm sich auch die neue Bundesregierung der Sache an. Am Donnerstag beschloss der Bundestag das „Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege“. Der Evangelische Pressedienst (epd) gibt einen Überblick.
Im Pflegeberufegesetz ist bislang festgelegt, dass ausgebildete Pflegefachkräfte „pflegerische Aufgaben“ übernehmen. Dazu gehören etwa Hilfe beim Waschen und Essen, aber auch das Verabreichen von Medikamenten. Künftig soll die „eigenverantwortliche Heilkundeausübung“ hinzutreten. Im Gesetzestext wird insbesondere auf die Versorgung von Menschen mit Diabetes-Erkrankung sowie den Umgang mit chronischen Wunden und Demenz verwiesen. Hier dürfen viele Aufgaben bisher nur von Ärztinnen oder Ärzten übernommen werden.
In den nächsten Jahren sollen Kataloge von bislang ärztlichen Leistungen erstellt werden, die Pflegefachkräfte künftig eigenverantwortlich erbringen dürfen. Daran sollen unter anderem die Kassenärztliche Bundesvereinigung, der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Vereinigungen der Träger von Pflegeheimen mitwirken. Laut Gesundheitsministerium werden die benötigten Fachkenntnisse bereits jetzt im Pflegestudium vermittelt, zum Teil auch in der dreijährigen Pflegefachausbildung. Zusätzlich soll es bundeseinheitliche Weiterbildungsmöglichkeiten geben.
Die Regierung verspricht sich von den Neuerungen eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten. Außerdem soll ärztliches Personal entlastet werden. Ein wichtiger Punkt ist aber auch die Motivation von Pflegekräften und die Attraktivität des Berufs: Pflegefachleute könnten ihre „vielfältigen Kompetenzen“ bislang oft nicht voll einsetzen, heißt es in den Ausführungen des Gesundheitsministeriums zu dem Gesetzentwurf. Dabei seien sie „aufgrund ihrer beruflichen oder hochschulischen Ausbildung sehr gut qualifiziert, verfügen häufig über eine oder mehrere, teils umfassende Weiterbildungen und große Patientennähe“.
In einer Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags gab es von den eingeladenen Fachleuten – darunter Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie Ärztegremien – viel Zustimmung für die Kompetenzerweiterung. Sie mahnten zugleich klare, transparente Festlegungen zu den neuen Aufgabenbereichen an und verlangten mehr Maßnahmen zum Bürokratieabbau.
Das Gesundheitsministerium hat in dem Text einige weitere Regelungen für den Pflegebereich untergebracht, aber auch Themen, die inhaltlich nichts damit zu tun haben. Vorgesehen ist unter anderem ein besserer Zugang zu Präventionsleistungen für Menschen, die zu Hause gepflegt werden. Anträge auf Pflegeleistungen sollen einfacher und die Pflegedokumentation soll entschlackt werden. Die Kommunen wiederum bekommen bei der Zulassung von Pflegeeinrichtungen mehr Mitsprachemöglichkeiten.
Außerdem wird die Regelung zur Zahl der Kinderkrankentage bis Ende 2026 verlängert: Für jedes Kind unter zwölf sind es 15 Tage pro Elternteil, aber maximal 35 im Jahr insgesamt. Bei Alleinerziehenden sind es 30 Tage pro Kind bis zum Höchstwert von 70 Tagen. Schließlich zurrt der Gesetzestext noch das Sparpaket für die gesetzlichen Krankenkassen im Umgang von zwei Milliarden Euro für 2026 fest.