Weitere Betroffene melden sich nach Missbrauchsvorwürfen

In einer diakonischen Einrichtung in Celle soll ein Mitarbeiter Missbrauch begangen haben. Später ist er Pastor der Landeskirche Hannovers geworden – und arbeitet dort heute noch.

Nancy Janz auf der EKD-Synode im vergangenen Jahr
Nancy Janz auf der EKD-Synode im vergangenen JahrJens Schulze / epd

Celle / Hannover. Nach dem Bekanntwerden von Missbrauchsvorwürfen gegen einen späteren evangelischen Pastor in Celle haben sich weitere Betroffene gemeldet. „Eine Frau hat wie ich selbst später Anzeige erstattet“, sagte die Betroffene Nancy Janz dem Evangelischen Pressedienst (epd). Über ihren Fall aus den 1990er Jahren hatte die „Cellesche Zeitung“ in der vergangenen Woche berichtet. „Wir wissen von weiteren Betroffenen“, sagte sie. Die hannoversche Landeskirche hatte zuvor mögliche Betroffene dazu aufgerufen, sich zu melden und sich auch an die Polizei zu wenden.

Janz sagte, der Mann habe sie 1997 als 17-Jährige erstmals und in der Folge mehrfach sexuell missbraucht. Sie habe damals einem Kirchenvorsteher und seiner Frau von der Tat berichtet, sagte die heute 42-Jährige. Daraufhin habe es ein Gespräch mit dem Täter gegeben. Ihr selbst sei gesagt worden, sie solle sich von ihm fernhalten. „Ansonsten ist nichts weiter passiert.“ Zu dieser Zeit war der Mann als „Mitarbeiter im Geistlichen Dienst“ bei der diakonischen Einrichtung Lobetalarbeit in Celle tätig.

Was die Diakonie-Einrichtung sagt

Die Behinderteneinrichtung teilte auf epd-Anfrage mit, ihrem seit 2018 neuen Vorstand seien die Vorwürfe seit März 2019 bekannt, seitdem unterstütze die Lobetalarbeit das Landeskirchenamt bei der Aufklärung der Taten. Die theologische Vorsteherin der Lobetalarbeit, Ulrike Drömann, sagte: „Vieles ist aus heutiger Sicht nicht nachzuvollziehen und belastet uns sehr.“ Offenbar seien damals keine adäquaten Hilfen angeboten und nicht die richtigen Konsequenzen gezogen worden. „Das bedauern wir zutiefst und setzen alles daran, dass so etwas nicht wieder passiert.“ Sie verwies auf ein mittlerweile etabliertes „Frühwarnsystem“ gegen sexualisierte Gewalt.

Bis heute im Dienst

2007 wechselte der Mann als Pastor zur hannoverschen Landeskirche und ist laut Kirchensprecher Benjamin Simon-Hinkelmann bis heute im Dienst, wenn auch nicht mehr in Celle. Auch nach der Anzeige durch Janz sei eine Rücknahme seiner Ernennung zum Pastor oder die Versetzung in eine andere Aufgabe nicht möglich gewesen, weil die Landeskirche ihm nicht mit der erforderlichen Sicherheit habe nachweisen können, dass die Betroffene bei Beginn der von ihr geschilderten Taten noch minderjährig war.

Janz hatte 2018 Anzeige gegen den Pastor erstattet, obwohl ihr Fall verjährt war. Damit habe sie den Aktenzugang zu einem weiteren Fall ermöglicht, in dem eine Betroffene ihn 2014 angezeigt hatte, sagte sie. Anders als in ihrem Fall sei diese Frau zum Tatzeitpunkt unter 16 Jahre alt gewesen. Dies habe die Kirche dann jedoch nicht gründlich genug weiterverfolgt.

Aufruf begrüßt

Nancy Janz, die sich auch in dem derzeit ausgesetzten Betroffenenbeirat der EKD engagiert, begrüßte den Aufruf der Landeskirche. Sie hoffe, dass weitere Betroffene den Mut fänden, sich zu melden. Der Pastor dürfe nicht weiter im Dienst bleiben. „Da muss ein ganz klares Zeichen her.“ (epd)