Weisser Ring half 2015 mehr Opfern von Verbrechen
Zeit und Geld hat der Verein in die Betreuung von Opfern investiert. Kritik gab es an der Bundesregierung.
Kiel. Der Weisse Ring hat im vergangenen Jahr in Schleswig-Holstein 1.743 Menschen betreut, die Opfer von Sexualdelikten, Diebstahl oder Körperverletzung wurden. Damit stieg die Zahl der Fälle wieder leicht. In 2014 sei 1.685 Menschen geholfen worden, zog der Landesvorsitzende Uwe Döring Bilanz. 2013 waren es dagegen 1.760. Döring war von 2005 bis 2009 Justizminister von Schleswig-Holstein.
Nach Dörings Angaben investierten die 160 Mitarbeiter mehr 33.000 Stunden ehrenamtliche Opferarbeit. Die finanziellen Hilfen für die Betreuungsfälle betrugen im vorigen Jahr 216.671 Euro. Allein 54.900 Euro kosteten anwaltliche Erstberatungen. Für psychotraumatische Erstberatungen wurden 30.750 Euro und für einen Erholungsurlaub der Kriminalitätsopfer 10.500 Euro bereitgestellt.
Opfer nicht im Mittelpunkt
Döring bedauerte, dass nach einer Straftat das öffentliche Interesse meist nur dem Tatgeschehen, dem Täter und seiner Verurteilung gelte. Die Opfer stünden dagegen selten im Mittelpunkt. Weiter verwies er auf den Bereich sexuelle Gewalt: Die Bundesregierung schiebe eine Neufassung des Strafgesetzbuch-Paragraphen 177 "hin und her". Die Beweislast liege im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern in Deutschland immer noch beim Opfer.
Döring forderte die Landesregierung (SPD, Grüne und SSW) auf, im Bundesrat aktiv zu werden. "Die Landesregierung könnte einen eigenen Entwurf in die Debatte einbringen", sagte er und verwies auf bundesweit 8.000 angezeigte Fälle von sexueller Gewalt. Es müsse von einer erheblichen Dunkelziffer ausgegangen werden. "Nicht einvernehmliche sexuelle Handlungen müssen bestraft werden."
Der Landesvorsitzende des Weissen Rings verwies auf konkrete Beispiele, wie Bürger Opfer von krimineller Gewalt wurden. Auch wenn der materielle Schaden gering sei, benötigten die Opfer neben der materiellen Hilfe insbesondere bei sexueller Gewalt persönliche Beratung. So änderte sich in einem Fall das Leben einer Familie schlagartig, als bekannt wurde, dass sich ein "guter Freund" der Familie über vier Jahre lang an der Tochter sexuell vergangen hatte. In dieser Notsituation standen die ehrenamtlichen Opferhelfer des Weissen Rings der Familie als aktive Zuhörer zur Seite und vermittelten eine Opferanwältin. (epd)