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Weiß für düstere Zeiten: Pantone kürt den Farbton des Jahres 2026

“Weißer geht’s nicht.” Der legendäre Spruch aus der Waschmittelwerbung hat Karriere gemacht. Weiß steht fast immer für Positives wie Reinheit und Unschuld. Gerade in düsteren Zeiten wird Weiß nun zur Farbe des Jahres.

Das Farbinstitut Pantone hat die Farbe Weiß zum Farbton des Jahres 2026 gekürt. Kein normales Weiß natürlich. Der Farbhersteller aus New Jersey, der jedes Jahr den Farbton bestimmt, der weltweit die kommenden zwölf Monate prägen soll, spricht von “Cloud Dancer”; einem edlen, wogenden Weiß, das “von Gelassenheit durchdrungen” ist. Die Farbe mit der Nummer 11-4201 sorge für echte Entspannung und schenke “Raum für gedankliche Weite, damit Kreativität atmen kann und Innovation entstehen darf”.

Die Entscheidung, erstmals seit mehr als 20 Jahren den Farbton Weiß herauszustellen, sorgt auch für Spott. “Wir sollen also künftig an himmlische, tanzende, weiße Wolken denken, wenn wir auf Erden die verheerenden Nachrichten aus Amerika, aus der Ukraine oder aus dem Koalitionsausschuss hören”, schreibt der Schriftsteller Floria Illies auf zeit.online. Und die “Washington Post” kommentiert: “Weiß ist der Inbegriff von Neutralität. Aber in einem Jahr voller News über weißen Nationalismus sorgt die Wahl für Verwunderung.”

Farben sind nie neutral. Farben sind in unterschiedlichen Kulturen unterschiedlich symbolisch aufgeladen. Auch das Weiß. Meist hat es eine sehr positive Bedeutung. Das Weiß steht für Erleuchtung, Reinheit, Unschuld, Einfachheit, Frische und einen neuen Anfang. Ein weißer Fleck auf der Landkarte ist unbekanntes Terrain; wer eine weiße Weste hat, ist unschuldig. Ärzte und Wissenschaftler in Laboren tragen weiße Kittel und vermitteln damit den Eindruck von Hygiene.

Doch Weiß ist nicht gleich Weiß: Die deutsche Sprache kennt so unterschiedliche Bezeichnungen wie brillantweiß, käseweiß, schlohweiß oder schneeweiß. Im Gegensatz zu Schwarz – der völligen Abwesenheit von Farbe – ist Weiß die Summe aller Farben des Lichts. Es verkörpert also physikalisch gesehen nicht das Nichts, sondern das Alles. “Von allen Farben des Regenbogens enthält Weiß ein Quäntchen, es birgt die Möglichkeit aller Farben”, heißt es auf dem Internet-Portal farbimpulse.de.

Weiß ist in vielen Kulturen die Farbe der Götter. Im Hinduismus sind weiße Rinder heilig, in Thailand die weißen Elefanten. Zeus erschien Europa als weißer Stier, Christus ist das weiße Lamm Gottes, und den Heiligen Geist symbolisiert eine weiße Taube. Der katholische Priester trägt unter seinem Talar ein weißes Untergewand, die sogenannte Albe. An den wichtigsten kirchlichen Feiertagen wie an Ostern ist auch das Obergewand weiß – ein Zeichen besonderer Festlichkeit.

Heutzutage ist Weiß in Europa in erster Linie die Farbe des Hochzeitskleids, das nach wie vor als Zeichen für Jungfräulichkeit und Unschuld gedeutet wird. Allerdings ist die Tradition, in Weiß zu heiraten, noch vergleichsweise jung. Die erste Braut in Weiß war die englische Königin Victoria, die 1840 Prinz Albert von Sachsen-Gotha heiratete. Die Queen wurde damit zur Trendsetterin.

Als Kleiderfarbe ist Weiß bereits im späten 18. Jahrhundert in Mode gekommen. Es galt als Farbe der alten Griechen. Auch die Architekten des frühen 19. Jahrhunderts versuchten, die Antike durch helle, klare Bauten wieder auferstehen zu lassen. Was die Gelehrten damals nicht wussten: Die alten griechischen Tempel und Statuen waren ursprünglich sehr bunt. Im Verlauf der Jahrhunderte war nur die Farbe abgeblättert. Weiß gilt auch heute noch als die Farbe der Klarheit und schlichter Eleganz. Der iPod beispielsweise kam zuerst in Weiß auf den Markt.

In der Malerei hatte das Weiß lange Zeit auch Schattenseiten. Das Bleiweiß, das Künstler wie Leonardo, Rubens, Rembrandt oder Vermeer im 16. und 17. Jahrhundert, aber auch die Impressionisten im 19. Jahrhundert verwendeten, war hochgiftig. “Wer die Farbe zubereitete, mit dem Pulver hantierte, es einatmete oder über die Haut absorbierte, wurde langsam, aber sicher krank”, erläutert die Kunsthistorikerin Marietta Rohner. Folgen unter anderen waren blau verfärbtes Zahnfleisch, Darm- und Magenkrämpfe, man sprach auch von “Malerkolik”. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Bleiweiß durch die kommerzielle Herstellung von Zinkweiß ersetzt.

Zur dunklen Seite der Farbe Weiß gehört auch, dass sie in weiten Teilen Asiens als Trauerfarbe gilt. Witwen tragen weiße Gewänder. Japaner verbinden die weiße Nelke mit Trauer und Tod. Auch Europa kannte das Weiß als Trauerfarbe: Die Tradition überlebte in Spanien bis ins 15. Jahrhundert und wurde auch später noch von Königinnen und Fürstinnen beibehalten.