Weil fordert mehr Sachlichkeit und Bürgernähe von der Politik

Angesichts wachsender gesellschaftlicher Verunsicherungen durch Krisen, Kriege und den Klimawandel hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) von der Politik „weniger Aufregung und Taktik und mehr Pragmatismus und Sachlichkeit“ gefordert. Die Politik müsse gerade in diesen Zeiten nachvollziehbar sein, „berechenbar und stetig“, sagte Weil am Sonnabend beim traditionellen Epiphanias-Empfang der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers im Kloster Loccum bei Nienburg.

Eine solche Haltung werde oft als „Politik der ruhigen Hand“ abqualifiziert. Sie entspreche seinem Eindruck nach aber den Bedürfnissen vieler Bürgerinnen und Bürger, sagte Weil vor rund 140 geladenen Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Gesellschaft und Religion. Er mahnte, dass trotz einer Vielzahl an globalen Herausforderungen der Blick für die konkreten Anliegen und Nöte der Menschen nicht verloren gehen dürfe.

„Der Klimawandel etwa ist eine globale Herausforderung, aber dennoch muss ein Austausch der Heizung auch bei einem kleinen Einkommen bezahlbar bleiben“, sagte der Ministerpräsident. Umfragen zeigten, dass die Bekämpfung der Inflation, bezahlbare Wohn- und Energiekosten sowie sichere Renten für die meisten Menschen die drängendsten Themen seien.

Weil hob hervor, dass eine Demokratie neben staatlichem Engagement auch engagierte Bürgerinnen und Bürger brauche. Der Umgang mit dem aktuellen Hochwasser sei dafür ein exzellentes Beispiel. „Das ist gelebte gesellschaftliche Verantwortung“, lobte der SPD-Politiker. Weit über 100.000 Mitglieder von freiwilligen Feuerwehren und Hilfsorganisationen seien „das Rückgrat von gewaltigen Anstrengungen, die bis jetzt Schlimmeres verhindert haben“.

Am Rand des Empfangs protestierten Bauern mit einer Traktoren-Schleichfahrt gegen die schrittweise Kürzung der Subventionen von Agrardiesel und gegen härter werdende Arbeitsbedingungen. Die Demonstrationen verliefen nach Angaben der Polizei ohne nennenswerte Zwischenfälle.