WDR-Intendant Buhrow zur Rundfunkreform: “Werde nicht jammern”

Der scheidende WDR-Intendant Tom Buhrow empfiehlt den Anstalten Gelassenheit und zollt der Medienpolitik Respekt. Er fände beachtenswert, dass diese klare Vorgaben mache und dabei “eventuelle Phantomschmerzen” in Kauf nehme.

Der scheidende WDR-Intendant Tom Buhrow hat die Reformpläne der Medienpolitik für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk begrüßt. “Keine Reform macht alle happy, aber ich finde es beachtenswert, dass die Politik jetzt versucht, ordnungspolitisch klare Vorgaben zu machen und dabei eventuelle Phantomschmerzen in Kauf nimmt”, sagte Buhrow im Interview mit der Mitgliederzeitschrift “Journalist” des Deutschen Journalistenverbands (Novemberausgabe). Der 66-Jährige übergibt Ende des Jahres die Führung der größten ARD-Anstalt an die bisherige WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau.

ARD, ZDF und Deutschlandradio empfahl Buhrow in der aktuellen Situation mehr Gelassenheit. “Natürlich können wir Input geben, aber wir sollten nicht verbissen den Status quo verteidigen. Ich jedenfalls werde nicht jammern”, so Buhrow weiter. Dabei verwies er auf den “größten medialen Kulturwandel” seiner Amtszeit, der für die Anstalten darin bestehe, nicht mehr nur auf den eigenen Anspruch, sondern auch auf den der Nutzerinnen und Nutzer zu blicken. Dies sei heute für alle öffentlich-rechtlichen Angebote “überlebenswichtig”.

Bei der Debatte um den geplanten Wegfall von Spartenkanälen und ein mögliches mittelfristiges Zusammengehen der Kulturprogramme Arte und 3sat verwies Buhrow auf die insgesamt hohe Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Angebote: “Wenn man davon etwas wegnimmt, herrscht deshalb zunächst mal mehr Bedauern als Befriedigung.” Aber wenn der Auftrag darin bestehe, “schlanker und kostengünstiger zu arbeiten, müssen wir identifizieren, wo was wegfallen kann – selbst, wenn es Verluste guter Sachen mit sich bringt”.

Auch im Konflikt mit den Verlagen um textbasierte Online-Angebote zeigte sich Buhrow kompromissbereit. Er sei zwar überzeugt, dass die Herausforderungen der Printbranche nicht geringer wären, wenn die Öffentlich-Rechtlichen kaum Text im Internet hätten, sagte Buhrow: “Aber ich habe mich trotzdem immer um ein konstruktives Verhältnis bemüht. Beispielsweise indem ich vor Jahren da unilateral aus der ARD ausgeschert bin und den Text-Anteil des WDR im Internet reduziert habe.” Er sei “wie in jeder guten Beziehung bereit, Kompromisse einzugehen, wenn mein Partner mit meinen Entscheidungen Probleme hat”. Zugleich sei er aber überzeugt, “dass unser Text Verlagen nicht schadet, mehr noch: dass er unerlässlich ist”.

Zum Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags meinte Buhrow, zwar könnten die Anstalten die von der Finanzkommission KEF errechnete Anhebung um 58 Cent ab 2025 wie schon 2021 beim Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Dies könne aber keine “Dauerlösung” sein, so der WDR-Intendant, der 2020 bis 2023 mit einer Unterbrechung auch ARD-Vorsitzender war. Mit Blick auf Angriffe von Seiten der AfD und anderen populistischen Strömungen plädierte Buhrow dafür, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk “auch vertragsrechtlich für die entferntere Zukunft wehrhaft zu machen” und Entscheidungen über die Kündigung von Staatsverträgen den Parlamenten zu übertragen. “Da können Sie den Beitrag absenken oder sich programmlich anstrengen, wie Sie wollen – populistisches Anspruchsdenken wird man nie befriedigen, nie befrieden”, sagte Buhrow.

Die letzten zwölf Jahre als WDR-Intendant seien die intensivsten seines gesamten Berufslebens gewesen. Es sei aber auch mal gut, Abstand zu gewinnen. “Die Tage hier sind sehr durchgetaktet”, so Buhrow: “Wenn ich so an mir runterblicke, bin ich daher froh, bald wieder so viel Sport machen zu können, dass ich mich dem körperlichen Zustand, als ich hier angefangen habe, wieder annähere.”