Vor 1.700 Jahren fand erstmals ein gesamtkirchliches Treffen statt, bei dem über wichtige Glaubensfragen verbindlich entschieden wurde. Das wird in der Ökumene in diesem Jahr groß gefeiert. Doch statt es festlich zu begehen, sollte die Erinnerung an das Konzil von Nicäa besser Anlass sein, darüber nachzudenken, ob es angemessen ist, wenn politische Machthaber über Glaubensfragen entscheiden und ob es Kompromisse bei der Suche nach geistlichen Wahrheiten geben kann.
Denn genau dies geschah damals in der Kirchengeschichte zum ersten Mal – und hat seitdem zahlreiche Fortsetzungen erfahren. Es war der römische Kaiser Konstantin, der das Potenzial des Christentums als Bindemittel zwischen den Völkern in seinem Reich erkannte. Was dabei störte, waren neben unterschiedlichen Osterterminen vor allem die Debatten der Theologen, wer denn nun dieser Jesus Christus gewesen sei: Ein ganz besonderer Mensch? Ein göttliches Wesen? Und wenn Ja, in welchem Verhältnis standen Gott-Vater und Gott-Sohn?
Ökumene mit Leben füllen
Der Kaiser brauchte Einheitlichkeit und lud führende Theologen aus allen Reichsteilen nach Nicäa ein. Doch dort ging der Streit erst richtig los – bis der genervte Konstantin ein Basta in die Runde schleuderte: Christus ist wesenseins mit Gottvater, so lautet bis heute die Kompromissformel, die der heidnische Kaiser durchsetzte. Abweichler wurden verfolgt.

Auch wer diese Entscheidung für richtig hält, auch wer sich nach raschen Fortschritten in der Ökumene zu einer Kirche der Einheit sehnt, muss anerkennen: Dem Christentum tat es nie gut, wenn die Suche nach geistlichen Wahrheiten dem Streben nach Einheitlichkeit geopfert wurde. Besonders, wenn dies mit Hilfe oder auf Drängen staatlicher Macht geschah. „Einheit in versöhnter Vielfalt“ – diese mühsam gewonnene Formel für die christliche Ökumene mit Leben zu füllen, ist der langwierigere, aber bessere Weg.
