Was steht im Gesetz gegen Missbrauch?

Ende Mai will das Bundeskabinett das Gesetz gegen Kindesmissbrauch beschließen. Im Anschluss geht es in den Bundestag. Der Entwurf, der sich in der regierungsinternen Abstimmung um Monate verzögert hatte, wurde nun veröffentlicht. Die wichtigsten Punkte:

Was ist das Ziel des Gesetzes?

„Kinder und Jugendliche haben das Recht auf Schutz vor sexueller Gewalt und Ausbeutung“, lautet der erste Satz im Gesetz. Der Staat soll Maßnahmen treffen, um dieses Recht zu verwirklichen.

Was ändert sich für das Amt der Missbrauchsbeauftragten?

Das beim Bundesfamilienministerium angesiedelte Amt wird gesetzlich dauerhaft abgesichert. Die Aufgaben werden erweitert. Die oder der Missbrauchsbeauftragte wird den anderen Beauftragten von Regierung oder Parlament gleichgestellt, etwa dem Datenschutzbeauftragten. Sie oder er wird künftig auf Vorschlag der Regierung vom Bundestag gewählt. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Zum Amt gehören der Arbeitsstab, der ehrenamtliche Betroffenenrat und die Unabhängige Aufarbeitungskommission

Was ändert sich für Betroffene?

Eine entscheidende Veränderung ist, dass das Gesetz ihnen eine stärkere Position verleiht, wenn sie sich mit dem erlittenen Unrecht auseinandersetzen wollen. Sie werden dabei künftig durch Fachleute unterstützt. Die zuständigen Behörden werden verpflichtet, „bei Vorliegen eines berechtigten Interesses Einsicht in Erziehungshilfe-, Heim oder Vormundschaftsakten zu gestatten und Auskunft zu den betreffenden Akten zu erteilen“. Die Akten über Kinder und Jugendliche müssen lange aufbewahrt werden: nach dem 30. Geburtstag noch weitere 20 Jahre. Dafür wird in das Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) der Paragraf 9 b „Aufarbeitung“ eingefügt.

Es wird eine Berichtspflicht eingeführt, damit sich Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat regelmäßig mit dem Thema Missbrauch auseinandersetzen. Der oder die Beauftragte muss in jeder Legislaturperiode über das Ausmaß sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche berichten sowie über den Stand von Hilfen, Vorbeugung und Aufarbeitung. Grundlage sind die Erkenntnisse eines neuen Zentrums für Forschung zu sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Die derzeitige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus hat bereits eine Dunkelfeldstudie angekündigt. Der Bericht enthält eine Stellungnahme des Betroffenenrats sowie einen Bericht der Aufarbeitungskommission und bezieht Erkenntnisse aus den Bundesländern ein.

In der Kinder- und Jugendhilfe werden überall Schutzkonzepte verbindlich, ob im Jugendclub oder im Familienfreizeitheim. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) soll Materialien zur Information und Vorbeugung für Fachkräfte, Eltern und Kinder zur Verfügung stellen.

Das Budget der Missbrauchsbeauftragten beträgt in diesem Jahr 11,7 Millionen Euro. Vom kommenden Jahr an sollen jährlich rund 2,5 Millionen Euro für die Unterstützung von Betroffenen bei der individuellen Aufarbeitung und 2,55 Millionen Euro für das Forschungszentrum zu sexueller Gewalt hinzukommen. Sie sollen aus dem Haushalt des Familienministeriums kommen, der derzeit aufgestellt wird. Die Aufklärungsarbeit der Bundeszentrale kostet pro Jahr rund zwei Millionen Euro. Außerdem wird die dauerhafte Einrichtung der Kinderschutz-Telefonberatung für Ärzte, Richterinnen und Beschäftigte der Jugendhilfe mit jährlich knapp einer Million Euro veranschlagt. Diese Kosten fallen ab 2026 an.

Es soll am 1. Januar 2025 in Kraft treten, die Bestimmungen zur BZgA und Telefonberatung ein Jahr später. Mit dem Inkrafttreten wird die derzeitige „Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“ (UBSKM), Kerstin Claus, zur „Unabhängigen Bundesbeauftragten gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen“. Ihre Amtszeit endet am 31. März 2027. Dann könnte sie wiedergewählt werden.