Warum wir uns für die Royals und den Adel interessieren

Team Sussex oder Team Windsor? Geht es um die Royals, besonders die britischen, offenbaren viele Menschen ein überraschendes Wissen und großes Interesse.

Am 6. Mai wurde Charles zum König gekrönt – ein weltweites Ereignis
Am 6. Mai wurde Charles zum König gekrönt – ein weltweites EreignisImago / Cover-Images

Die bunten Blätter lieben Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen, ob sie nun aus England, Schweden oder einem anderen Land kommen. Bei Großereignissen wie der Krönung von Charles III. oder der Beerdigung seiner Mutter Elizabeth II. sind die Fernsehsender live dabei. Die Netflix-Serien „The Crown“ oder „Die Kaiserin“ werden weltweit diskutiert. Was macht die Faszination der Königshäuser und des Adels aus?

Leontine Gräfin von Schmettow, für die ARD zuletzt zwölf Stunden im Einsatz bei der Krönung von Charles, sieht den Grund darin, dass sich die Menschen in einer immer komplexer werdenden Gesellschaft wegträumen wollen in eine Welt mit Kutschen, roten Teppichen und großen Roben. Eine Welt voller Pomp und Glamour, die nach eigenen Regeln zu funktionieren scheint.

Auch Royals haben familiäre Probleme

„Gleichzeitig sind die Royals aber auch Menschen wie du und ich mit familiären Problemen, die sie nahbar und menschlich erscheinen lassen“, sagt Gräfin Schmettow und verweist auf die Rivalität zwischen Harry und William, den beiden Söhnen des britischen Königs.

Das dortige Königshaus ist in Deutschland nach Einschätzung der Filmautorin von Schmettow das beliebteste. Warum? „Es erzeugt den größten Pomp. Die Royals inszenieren das Königshaus wie ein großartiges Theaterstück.“

Dass Monarchien noch nicht für die Müllhalden der Geschichte bestimmt sind, sondern im Gegenteil durchaus nützlich sind, davon ist Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein überzeugt. Monarchien können seiner Meinung nach auch in modernen Zeiten positive Wirkung entfalten. „Gerade in Zeiten, in denen über demokratische Systeme auch Unsicherheit besteht, kann ein Monarch Stabilität in ein Gemeinwesen bringen, die Demokratie unterstützen und verteidigen“, sagte der Erbprinz vor einiger Zeit in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Königshäuser sollten mit der Zeit gehen

Inwieweit es die Königshäuser es schaffen, mit der Zeit zu gehen, wird nach Ansicht von Gräfin Schmettow über die Zukunft der Monarchien entscheiden. Die großen Themen sind ihrer Meinung nach Nahbarkeit, Transparenz, Diversität und Umgang mit dem kolonialen Erbe. Sie erinnert daran, dass sich der niederländische König Willem-Alexander erst neulich im Namen des Königshauses und des Landes für die Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit dem Sklavenhandel entschuldigt hat.

In Deutschland gibt es keinen König oder Kaiser mehr, seit Wilhelm II. 1918 abgedankt hat und ins Exil gegangen ist. Auch der Adel hat damals seine Standesrechte verloren und führt seitdem den Titel als Teil des Nachnamens. Zu dieser Gruppe gehören Schätzungen zufolge 80.000 bis 100.000 Personen, meint Leontine Gräfin von Schmettow.

Royale Fans gibt es überall auf der Welt, dieser hier kommt aus den USA
Royale Fans gibt es überall auf der Welt, dieser hier kommt aus den USAImago / Cover-Images

Gräfin Schmettow erklärt, „dass es innerhalb des deutschen Adels nur noch verhältnismäßig wenig begüterte Familien gibt, weil viele dieser Familien aus Pommern, Schlesien, Ostpreußen und der späteren DDR ihren Besitz verloren haben“.

Allerdings weist sie darauf hin, dass es allem Wandel zum Trotz noch einige sehr wohlhabende Adelsfamilien gibt, die vor Ort eine große Rolle als Mäzen und Arbeitgeber spielen. „Da werden alte Traditionen von beiden Seiten gelebt wie zum Beispiel bei Schützenfesten.“ Sie stellt immer wieder fest, dass die Leute stolz sind auf „ihre“ Burg oder „ihre“ Adelsfamilie. Erfahrbar ist das zum Beispiel auf der Burg Hohenzollern, dem Stammsitz des ehemals regierenden Herrscherhauses Preußen.

Im Gegensatz zu den Royals, die im Licht der Öffentlichkeit stehen müssen, meidet der Adel öffentliches Aufsehen, von einigen Ausnahmen abgesehen. Wer allerdings in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen gesorgt hat und zwar nicht in den Klatschspalten, war Prinz Georg Friedrich von Preußen.

Was hinter dem „Hohenzollern-Streit“ steckt

Im „Hohenzollern-Streit“ ging es um Enteignungen in der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Voraussetzung für eine Entschädigung nach dem Gesetz war, dass Kronprinz Wilhelm (1882-1951) keinesfalls dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet hätte. Im Laufe der Debatte kam es zu Abmahnschreiben und Klagen gegen Historiker und Journalisten, was von den Betroffenen als persönliche Einschüchterung und als Beeinträchtigung einer freien, auch wissenschaftlichen, Debatte verstanden wurde.

Nach Ansicht der Historikerin Karina Urbach hatte der „Hohenzollern-Streit“ aber auch einen positiven Effekt. „Die Adelsforschung blühte auf“, stellte sie fest. Sie selbst hat 2016 ein Grundlagenwerk über den Hochadel im „Dritten Reich“ geschrieben, „Hitlers heimliche Helfer“, das seitdem mehrfach neu aufgelegt wurde. In England gibt es seit einiger Zeit ein „Royal Studies Network“. Nach Infos über Royals und Adel zu suchen, das geht jetzt also auch im Namen der Wissenschaft.