Warum hab ich nicht Nein gesagt?
Ein Ja ist schnell gesagt: zur Bitte des Freundes, zur Anfrage der Pfarrerin, zum Bestell-Button im Internet. Aber wer zu oft Ja sagt, verzettelt sich. Darum ist weniger manchmal mehr
Über 9000 Mal Nein sagen – das müssen zur Zeit die Mitglieder der Kommission, die die Liedauswahl für das neue Gesangbuch treffen: Immer wieder müssen sie Vorschläge ablehnen. Eine notwendige Aufgabe, die auch zu Enttäuschungen führt.
Dabei ist es eigentlich offensichtlich, dass Platz, Geld, Zeit oder auch Kraft nur in begrenztem Maße zur Verfügung stehen und daher gut eingeteilt werden müssen. Ins Gesangbuch passt nur eine bestimmte Anzahl von Liedern; werden es mehr, dann blickt man nicht mehr durch. Ein allzu vollgestopfter Raum wirkt ungemütlich und eine allzu große Fülle an Aufgaben führt zu Stress und Überforderung. Trotzdem fällt es vielen Menschen schwer, Nein zu sagen. Aber warum eigentlich?
Darauf gibt es mehrere Antworten. Zum einen ist da die Erwartung, dass ein Mehr an Dingen oder Aufgaben auch einen Mehrwert für das eigene Leben bringt: Das neue Buch schenkt Entspannung, das Auto Komfort, das Ehrenamt Befriedigung. Alles richtig – nur zu viel darf es eben nicht werden.
Der Hunger nach Anerkennung verhindert oft ein „Nein“
Ein zweiter Faktor, der das Neinsagen schwer macht, ist der Wunsch nach Anerkennung. Wer eine Bitte erfüllt, so lernt man es häufig schon als Kind, der kann mit Dank oder Lob rechnen. Und weil das Bedürfnis danach so groß ist, sind manche bereit, mehr Aufgaben zu übernehmen, als ihnen guttut. Auch anerzogene Höflichkeit, hohes Verantwortungsbewusstsein oder die Angst, andere zu enttäuschen, können dazu führen.
Aber wer zu viel hat und zu viel macht, verzettelt sich leicht. Der einzelne Gegenstand, die einzelne Tätigkeit, die Begegnung mit der einzelnen Person verlieren an Gewicht. Aufgaben werden nur noch hastig abgehakt, vielleicht schlecht vorbereitet, Fehler schleichen sich ein. Am Ende bleibt man selbst unzufrieden und andere vielleicht auch. Wie lässt sich das vermeiden?
Die Antwort: Nein sagen, wenn es nötig ist. So einfach, und gleichzeitig so schwer. Denn der Hunger nach Anerkennung und Erfüllung ist ja groß, und die Versuchung, ihn mit Konsum und ständiger Beschäftigung zu stillen, ebenfalls. Das richtige Maß zu finden, ist eine echte Herausforderung.
Auch Jesus hat sich Auszeiten genommen
Vorbilder fürs Neinsagen können helfen – und sie finden sich auch in der Bibel. Der barmherzige Samariter, der tut, was getan werden muss, und dann seiner Wege zieht; Marta, der Jesus sagt: Lass es auch mal gut sein; sogar Jesus selbst, der sich seine Auszeiten nimmt, um mit Ruhe und Gebet wieder zu sich zu kommen. Die Stärke dieser Menschen? Gottvertrauen – und eine Haltung, die in der Bergpredigt beschrieben wird: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit.“ So findet das Leben eine echte Erfüllung ohne Überforderung.