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Warum Europa im 16. Jahrhundert zehn Tage verlor

Der Streit zwischen den Kirchen hat jahrhundertelang die Zeit durcheinandergebracht. Ab Ende des 16. Jahrhunderts rechneten Christen in Europa nach unterschiedlichen Kalendern – mit gravierenden Folgen für das soziale und religiöse Leben. Die Spannungen zwischen katholischer und protestantischer Kirche verzögerten die Einführung eines einheitlichen Kalenders und führten dazu, dass wichtige Feiertage und astronomische Eckdaten nicht mehr übereinstimmten.

Im 16. Jahrhundert zeigte sich: Der bis dahin gebräuchliche julianische Kalender war durch kleine Rechenfehler aus dem Takt geraten. Die Jahreszeiten verschoben sich immer weiter nach vorne im Kalender, Weihnachten hätte ohne Reform irgendwann im Herbst gelegen. Als Reaktion ließ Papst Gregor XIII. im Oktober 1582 zehn Tage aus dem Kalender streichen: Auf den 4. Oktober folgte direkt der 15. Oktober.

Der neue gregorianische Kalender fand in den katholischen Ländern rasch Anwendung, doch viele protestantische Regionen Europas lehnten ihn als „päpstlich“ ab. In Deutschland überwanden zahlreiche evangelische Gebiete die konfessionellen Vorbehalte erst im Jahr 1700 und führten den reformierten Kalender mit eigenen Anpassungen ein.

Mit der langwierigen Reform kehrten Kalender und Jahreszeiten allmählich wieder zur Deckung zurück. Bis heute ist der gregorianische Kalender international gebräuchlich – doch der Streit um die richtige Zeitrechnung prägte die europäische Geschichte über Jahrhunderte hinweg. Bis heute gibt es Ausnahmen, zum Beispiel in einigen orthodoxen Kirchen für liturgische Zwecke.