Vor 80 Jahren Kinostart der „Feuerzangenbowle“

Am Abend des 27. Januar 1944 bombardiert die Royal Air Force Berlin. Die Hauptstadt brennt. Ablenkung soll ein heiterer Film bringen – für den Heinz Rühmann persönlich einen weiten Bittgang machen musste.

Heinz Rühmann eilte persönlich nach Ostpreußen, um den Führer umzustimmen. Reichserziehungsminister Bernhard Rust wollte seinen neuesten Film nicht zeigen lassen – weil er die Autorität des Lehrerstandes im Volke untergrabe. Mit einer Kopie seiner „Feuerzangenbowle“ machte sich Rühmann im Kriegswinter 1944 auf den beschwerlichen Weg zum 700 Kilometer entfernten Führerhauptquartier „Wolfsschanze“ – und verbrachte unangenehme Stunden wartend in seiner Unterkunft; bis sein Förderer, Reichsmarschall Hermann Göring, den Führer gewonnen hatte.

„Bringt dieser Film die Leute zum Lachen?“, soll Hitler gefragt haben. Und als Göring bejahte: „Dann soll er dem deutschen Volke gezeigt werden.“ Schon drei Tage später, am 28. Januar 1944, war in Berlin Premiere. Am Vorabend hatten die Briten Tausende Tonnen Bomben über der Hauptstadt abgeworfen; ganze Wohnviertel wurden beschädigt oder zerstört.

Berlin, wie es brennt und lacht. Die „Feuerzangenbowle“ zauberte für gut eineinhalb Stunden ein Lächeln ins Gemüt. Ein „kleines Meisterwerk zeitlos heiteren Eskapismus“ nannte der Filmkritiker Georg Seeßlen den Lieblingsfilm der Deutschen, der von einem seiner Lieblingsorte handelt: der Schule; wo man gebildet und verbildet, gerade gemacht oder verbogen wird.

Dorthin, in die Provinz und in eine „gute alte Zeit“ (um 1900), verschlägt es den erfolgreichen Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer. Weil er einst seine eigene Schulzeit durch großbürgerlichen Privatunterricht verpasst hat, ersinnen seine Zechkumpane unter dem Einfluss einer Feuerzangenbowle den Plan, ihn als Oberprimaner Hans Pfeiffer („mit drei f“) einzuschleusen und sein Lausbubentum nachzuholen – wovon er reichlich Gebrauch macht.

Werkgetreu an der Romanvorlage von Heinrich Spoerl (1887-1955) brennen Rühmann und seine Lehrer ein schauspielerisches Feuerwerk ab. Generationen von Deutschen können bis heute die Zitate mitbeten: von der alkoholischen Gärung über „Pfeiffer, Sä faseln“ und „Da stelle mer uns janz dumm“ bis zu „Sä werden säch an eine strenge Scholzocht gewöhnen mössen!“

Der Heile-Welt-Film wurde ein Kassenschlager – wie überhaupt die Zahlen an den Kinokassen in den letzten Kriegsjahren in die Höhe schnellten. Einige von Pfeiffers Schulkameraden erlebten das nicht mehr; sie wurden unmittelbar nach Drehschluss an die Front geschickt und fielen. Rühmann (1902-1994) dagegen galt als „kw“ (kriegswichtig) und durfte den Erfolg auskosten.

Wo Erfolg ist, sind oft auch Rechtshändel nicht weit. Und davon gibt es gerade bei der „Feuerzangenbowle“ eine ziemliche Menge. Einer betrifft auch die AfD. Cornelia Meyer zur Heyde (56), promovierte Volkswirtin aus Rostock und in der AfD Münster, sicherte sich von Leo Kirch die Rechte für öffentliche Aufführungen des Films – während Kirch die TV- und DVD-Rechte behielt.

Meyer zur Heyde hält nun den Daumen drauf, wenn die „Bowle“ etwa als „NS-Film“ historisch analysiert werden soll, statt, wie meist im studentischen Kontext, als Mitmachkult im Stil der „Rocky Horror Picture Show“ abgefeiert zu werden. Historisch-kritische Aufführungen gefallen der Verleiherin nicht – und finden also nicht statt.

Tatsächlich allerdings hat der Film – anders etwa als „Quax der Bruchpilot“ (1941) oder gar „Jud Süß“ (1940) – auch vergleichsweise wenig Nationalsozialistisches zu bieten, nimmt man mal den windschnittigen Lehrer Dr. Brett aus, der als Erziehungsstil darlegt, junge Bäume müsse man anbinden, damit sie „schön gerade wachsen“.

Einen zweiten Rechtsstreit haben 2018 vor dem Kammergericht Berlin Rühmanns Erben verloren. Es ging um Tantiemen für die bis heute erheblichen Einnahmen aus der „Feuerzangenbowle“. Die Auseinandersetzung drehte sich um Rühmanns „schöpferischen Beitrag“ an dem Film, für den der unerfahrene Helmut Weiss (1907-1969) als Regisseur firmierte, der arrivierte Rühmann dagegen nur als Produzent und „künstlerischer Gesamtleiter“.

Vieles spricht dafür, dass der als Pedant und Kontrollfreak bekannte Rühmann den Regie-Debütanten Weiss eher als eine Art Assistenten engagierte. Doch die Berliner Richter entschieden nach der Papierform – und das Urheberrecht kann mit einem „künstlerischen Gesamtleiter“ nun mal wenig anfangen.