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Vor 200 Jahren bestieg Ludwig I. den Thron – Opa des Märchenkönigs

Kriege, Revolutionen und Umwälzungen – Bayern liegt darnieder, als Ludwig I. 1825 König wird. Vieles packt er an, mit Auswirkungen bis heute, wie die neue Landesausschau zeigt. Am Ende stolpert er über die fesche Lola.

Dieser Monarch baute keine Traumschlösser und ertrank nicht im Starnberger See. Auch wenn es um einen Ludwig geht: Die diesjährige Landesausstellung im Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg widmet sich vom 10. Mai bis 9. November nicht dem Märchenkönig, sondern seinem Großvater, Ludwig I. von Bayern (1786-1868). Vor 200 Jahren bestieg dieser den bayerischen Thron. Kein unumschränkter Herrscher wolle er sein. Dennoch war es ihm wichtig, Ordnung einzuführen: “Und sollte es ein Stück meines Lebens kosten.”

1825 gab es viel zu tun. Die napoleonischen Kriege hatten Bayern horrenden Blutzoll gekostet. Das Bildungs- sowie das Gesundheits- und Sozialwesen lagen aufgrund der Säkularisation am Boden. Dazu galt es, ein Land – zu Altbayern war Franken gekommen – zu einen. Fortschritt und Tradition wollte Ludwig zusammenführen. Wer seinen Kopf durch das Loch in einem Schaukasten in der Landesausstellung steckt, hört, wie laut Dutzende von Webstühlen in einer Fabrik sein konnten. Zugleich entstanden Bauten wie die Walhalla und der Regensburger Dom erhielt seine Türme.

Eine 3-D-Installation zeigt das Gesicht des Königs in drei Lebensjahrzehnten. Schon als Kronprinz, der sich für Italien und Griechenland begeisterte, schrieb er Gedichte, übersetzte Herodot und führte ein Traumtagebuch, wie die Historikerin Marita Krauss festhält. Eine Pockenerkrankung als Kind, von der er Narben im Gesicht sowie einen Hörverlust zurückbehalten hatte, habe ihn zu einem Augenmenschen und Schreibenden gemacht.

Schon morgens um 4 Uhr brannte in der Münchner Residenz ein Licht. Der König saß am Schreibtisch und kümmerte sich um jede Kleinigkeit, auch wenn es um die Farbe von Zügen oder Uniformen ging. Schon Jahre zuvor hatte Ludwig begonnen, Kunst zu sammeln, nun ließ er dazu Glyptothek und Pinakotheken in München bauen. Die Stadt wollte er zu einem “Isar-Athen” und zu einem Aushängeschild für Deutschland machen. Auch Frauen war er zugeneigt und ließ seinen Maler Joseph Stieler die “Schönheitengalerie” schaffen.

Seit seiner Hochzeit mit Therese von Sachsen-Hildburghausen 1810 war es Brauch, jährlich das heute weltberühmte Oktoberfest auf der nach der Braut benannten Wiese zu feiern. Damit die Menschen aus den Landesteilen sich besser kennenlernten, förderte Ludwig Volksfeste. Zu denen sollten die Leute in Trachten kommen und neueste landwirtschaftliche Entwicklungen zeigen. In der Schau werden dazu Hüte und Gewänder präsentiert.

Zwei riesige Verkehrsprojekte prägten die Regierungszeit: der Ludwig-Main-Donau-Kanal, der den Main bei Bamberg mit der Donau bei Kelheim verbindet, und die Ludwig-Süd-Nord-Eisenbahn zwischen Lindau und Hof. Eine Dampflok als Medieninstallation fährt in der Schau auf den Besucher zu und macht deutlich, wie gewaltig diese Erfindung gewirkt haben muss, die sich mit 35 Kilometer pro Stunde bewegte.

Auch wenn 1835 die erste Eisenbahnstrecke Deutschlands zwischen Nürnberg und Fürth eröffnet wurde, so galt Ludwigs Leidenschaft mehr dem Kanalbau. Den aus Niederbayern stammenden Direktor des Haues der Bayerischen Geschichte, Richard Loibl, bringt das Thema noch immer in Rage. Die Verkehrsverbindungen übers Wasser seien mit Hunderten von Schleusen, wo Beamte in Livree die Kurbel bedienen mussten, komplett unrentabel gewesen. Hätte der König besser den Ausbau der Eisenbahn gen Ost vorangetrieben! Dann wären Passau und der Bayerische Wald heutzutage besser ans Schienennetz angebunden.

Durch die Bevorzugung der Landeshauptstadt sei Ludwig zu einer Symbolfigur des Zentralismus geworden, so Loibl. Zugute halten müsse man dem König, dass er Wallfahrten und religiöses Brauchtum wieder erlaubte. 130 Klöster wurden neu- und wiedergegründet. Ein Abtstab aus Metten und ein Äbtissinnenstab aus Seligenthal bezeugen dies. Die Ordensleute sollten sich um Bildung und Fürsorge kümmern. Für ein zu verbesserndes Gesundheitssystem holte Ludwig den Orden der Barmherzigen Schwestern nach Bayern.

“Religion ist das A und O”, lautete sein Bekenntnis. Obwohl Mutter und Gattin evangelisch waren, hielt der Katholik Ludwig nichts von Ökumene: “Fromm sollen meine Bayern sein, aber keine Kopfhänger.” Er selbst leistete sich Eskapaden neben seiner Ehe. Am Ende verdrehte ihm die Pseudo-Spanierin Lola Montez den Kopf. 1848 stürzte Ludwig über die Affäre und den sich ändernden politischen Wind. Derber Spott gehörte dazu. Eine Art Peep-Show erlebt, wer durch den bewusst auf Augenhöhe von Erwachsenen angebrachten Gucker schaut: Auf den harmlos wirkenden Spielkarten mit König und Dame schimmern, sobald Licht dazu kommt, eindeutig zweideutige Szenen durch – Hersteller unbekannt.