Von wegen dummer Esel!

Tiere gibt es schon einige an der reformpädagogischen Privatschule Campus Klarenthal in Wiesbaden. Im Advent sind nun drei Esel eingezogen. Und die sind schlauer, als mancher denkt.

Mit viel Liebe: Die Schüler Hugo (li.) und Fazza kümmern sich um Zwerg-Esel Emil
Mit viel Liebe: Die Schüler Hugo (li.) und Fazza kümmern sich um Zwerg-Esel Emilepd-bild / Charlotte Mattes

So richtig motiviert wirkt Emil nicht. Der hellgraue Zwerg-Esel mit flauschiger Pony-Frisur rührt sich nicht vom Fleck, als Hugo und Fazza ihn von der Weide auf dem Campus führen sollen. Mit ein wenig Ziehen und Betteln sowie sanften Klopfen auf den Allerwertesten bequemt sich der feine Herr dann doch und stapft hinter den beiden Schülern her.

„Der Emil ist halt kein Renn-Esel“, erklärt Hugo nüchtern. „Der ist auch schon 25 Jahre alt“, ergänzt der Viertklässler. Am Zaun vor der Weide angekommen, bindet der Schüler gekonnt einen Knoten in den Strick und tätschelt Emil liebevoll am Hals.

Erst einmal nur ein Test

Emil ist einer von drei Eseln, die in der Adventszeit für zwei Wochen auf dem Gelände der reformpädagogischen Privatschule Campus Klarenthal in Wiesbaden eingezogen sind. Erst einmal testweise. Die Schule plant, die Aktion im kommenden Jahr zu wiederholen. Dann könnten Emil und seine Kumpels Urmel und Janosch möglicherweise dauerhaft am Campus bleiben – sofern die Versorgung der Tiere in der Ferienzeit gewährleistet werden kann. Eigentlich leben die Vierbeiner auf dem Wiesbadener Freudenberg bei ihren Besitzern Maria Wippel und Udo Schläfer.

Warum Esel gut geeignet sind

„Tiergestützte Pädagogik bietet vielfältige Möglichkeiten. Die Kinder lernen mit Spaß und Leidenschaft, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Elke Bonn, Leiterin der Grundschule am Campus. Das Miteinander von Mensch und Tier könne insbesondere Kindern mit Förderbedarf helfen, ruhiger zu werden. Anderen ermögliche es, aus sich heraus zu kommen. An dem Projekt nehmen auch Kinder der Schule am Geisberg in Wiesbaden teil, eine staatlich anerkannte Förderschule für emotionale-soziale Entwicklung und Kranke.

Die Esel eigneten sich für die pädagogische Arbeit besonders gut, meint Schulleiterin Bonn: „Die haben die Ruhe weg.“ Die Pädagogin dreht sich zu Janosch um, der ein paar Meter neben Emil angebunden steht und sich gerade von einigen Schülern kraulen lässt. „Man kann sie nur mit Gelassenheit überzeugen. Und das können die Kinder für ihren Alltag mitnehmen“, ist die Pädagogin überzeugt.

„Die Schüler lernen, mit den unterschiedlichen Charakteren der Esel umzugehen. Und so ist das ja mit Menschen auch, wir sind ja auch alle anders“, ergänzt Eselhalterin Maria Wippel, die ihre Liebe zu Eseln vor vielen Jahren gemeinsam mit ihrem Mann im Urlaub entdeckt hat. Das Paar liebte es zu wandern. Eines Tages buchten sie für eine Tour einen Esel, der treu das Gepäck der beiden schleppte. Seitdem halten die Tierfreunde Esel und bieten unter anderem Wanderungen mit den Tieren an.

Sowohl Kinder als auch Esel hätten großen Spaß an dem Projekt, sind die Experten überzeugt: „Wir kennen unsere Esel. Wenn die sich hier nicht wohlfühlen würden, wären die ganz schnell weg“, sagt der frühere Lehrer Udo Schläfer und lacht. Übrigens: Von dem Spruch „dummer Esel“ halten die Tierfreunde so gar nichts: „Esel sind viel intelligenter als Pferde“, betont Schläfer. Die Säugetiere könnten gut zeigen, was ihnen gefällt und was nicht. Esel würden sogar in der Wolfsabwehr eingesetzt, weil sie nicht wie Pferde scheu wegrennen würden.

Schüler müssen anpacken

Neben ausgiebigen Kuscheleinheiten müssen die Schülerinnen und Schüler aber auch anpacken: Weide abäppeln, füttern und putzen. „Die Kinder lernen, dass so ein Tier auch Arbeit macht“, sagt Sozialarbeiterin Maria Wippel.

Vor allem das gemeinsame Anpacken bringe die Kinder gerade nach Zeiten von Corona und Unterricht zu Hause wieder zusammen, sagt Schulleiterin Bonn. Zum Eselprojekt gehört ein pädagogisches Begleitprogramm mit Info-Quiz zu den Tieren, Geschichten passend zur Weihnachtszeit, Basteleinheiten mit Eselhaaren und Esel-Wanderungen.