Nicht einmal drei Jahre alt ist das Bürgergeld, und schon soll es reformiert und umbenannt werden. Die künftige „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ soll in Teilen ähnlich wie das Hartz-IV-System gestaltet werden, das vom Bürgergeld abgelöst worden war. Die Regeln für länger arbeitssuchende Menschen wurden schon mehrmals umgekrempelt. Ein Rückblick:
* 2005
Am 1. Januar tritt der vierte Teil der sogenannten Hartz-Reformen in Kraft. Arbeitslosen- und Sozialhilfe werden gemäß den Vorschlägen der Reform-Kommission unter Leitung von Ex-VW-Vorstand Peter Hartz zusammengelegt. Die neue Leistung für erwerbsfähige Arbeitslose heißt Arbeitslosengeld II, in der Alltagssprache setzt sich der Begriff Hartz IV durch. Der Staat zahlt den Beziehenden festgelegte Regelsätze und übernimmt die Kosten für Unterkunft und Heizung, sofern sie nicht als zu hoch eingestuft werden. Eigenes Vermögen muss innerhalb bestimmter Grenzen aufgebraucht werden, bevor Staatsgeld fließt. Neben Arbeitslosen können Menschen mit sehr niedrigem Einkommen zusätzlich Hartz IV bekommen, ihre Einkünfte also aufstocken.
Unter dem Motto „Fördern und Fordern“ werden den Hartz-IV-Beziehenden verschiedene Mitwirkungspflichten auferlegt. Werden sie nicht erfüllt, können die Leistungen gekürzt werden, unter bestimmten Voraussetzungen sogar komplett. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2019 stoppt diese Totalsanktionen, weniger weitreichende Kürzungen gibt es aber weiterhin. Wer grundsätzlich arbeiten kann, muss fast jeden Job annehmen und sich auch aktiv darum bemühen, eine Anstellung zu finden. Zudem gilt: Die Vermittlung in Arbeit hat Vorrang vor Aus- oder Weiterbildung. Das Hartz-IV-System bleibt während seiner Existenz stets umstritten.
* 2023
Hartz verschwindet – an die Stelle tritt das Bürgergeld. Mehrere Punkte, die bei Hartz IV in der Kritik standen, werden nun anders geregelt: So wird der Vermittlungsvorrang abgeschafft. Für Weiterbildung und das Nachholen von Berufsabschlüssen gibt es sowohl mehr Beratung als auch mehr Geld. Die Regelsätze werden angehoben, die Zuverdienstmöglichkeiten erweitert. Ob die Miete angemessen ist, wird erst nach einem Jahr geprüft. Auch die Grenzen für eigenes Vermögen werden angehoben; dabei gelten für ein Jahr nochmal höhere Sätze. Die Sanktionen gegen Menschen, die etwa einen Termin im Jobcenter ohne wichtigen Grund versäumen oder sich nicht um Arbeit bemühen, werden teilweise abgemildert.
Das Bürgergeld ist ein Projekt der Ampel-Regierung. Länder mit Regierungsbeteiligung der Union verweigern dem Gesetz in seiner Ursprungsfassung aber die Zustimmung im Bundesrat. Über den Vermittlungsausschuss setzt die Unionsseite mehrere Änderungen durch. Der Kompromiss wird schließlich mit breiter Mehrheit verabschiedet.
* 2025
Bald soll es auch mit dem Bürgergeld vorbei sein. Die schwarz-rote Bundesregierung vereinbart im Koalitionsvertrag, das System „zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umzubauen. Der Vermittlungsvorrang soll zurückkommen, und die Karenzzeiten für Vermögen sowie überhöhte Mieten sollen wegfallen. Sowohl Mitwirkungspflichten als auch Sanktionen sollen verschärft werden. Beim Koalitionsausschuss im Oktober einigen sich Union und SPD darauf, dass in bestimmten Fällen sowohl der Regelsatz als auch die Kosten für Unterkunft und Heizung komplett gestrichen werden können.