Von der Kanzel zum Film
Über Instagram wurde der Regisseur Peter Brunner auf Susanne Jensen aufmerksam – dann ging alles ganz schnell. Nun ist die Pastorin aus Owschlag bei Rendsburg in einem Horrorfilm zu sehen.
Owschlag. Schon der knapp zweiminütige Trailer zu „Luzifer“ ist nichts für schwache Nerven. Die Tiroler Bergidylle wird abwechselnd von Dunkelheit und Nebel überschattet, die Atmosphäre ist beklemmend, eine Stimme aus dem Off fragt immer wieder: „Wo ist der Teufel?“
Die Stimme gehört Susanne Jensen. Die Vertretungspastorin aus Owschlag bei Rendsburg spielt die weibliche Hauptrolle in dem Horrorfilm, der am 28. April in die Kinos kommt. Zu der Rolle der streng gläubigen Maria, die mit ihrem Sohn abgeschieden auf einer Alm lebt, kam die 58-Jährige wie zufällig. Der österreichische Regisseur Peter Brunner bot ihr die Rolle im Mai 2019 überraschend per E-Mail an. Er war über die Social-Media-Plattform Instagram auf die Pastorin aufmerksam geworden.
Erstmal half Google
„Ich wusste gar nicht, wie mir geschah. Den Namen Peter Brunner musste ich erst mal googeln“, sagt Jensen. Auch den aufstrebenden, deutschen Schauspieler Franz Rogowski kannte sie nicht. In dem Film sollte sie seine Mutter spielen.
Schauspielerfahrung hatte Jensen keine. Seit ihrer Kindheit schaut sie aber gern Filme. Besonders Western hatten es ihr angetan, etwa „High Noon“ aus dem Jahr 1952 mit Gary Cooper. Außerdem war sie großer Fan von Marilyn Monroe. „Hollywood-Filme eröffneten mir immer eine Traumwelt, in die ich abtauchen konnte“, erinnert sie sich.
Eine Traumwelt, die sie zumindest für kurze Zeit von der schrecklichen Realität ablenken konnte. Bereits im Kleinkindalter wurde Jensen von ihrem Vater sexuell missbraucht. Bis heute kämpft sie mit den Folgen.
Kampf gegen Magersucht
Die Theologin ist trockene Alkoholikerin und kämpft gegen Magersucht. Ihren Kopf rasiert sie jeden Tag kahl, weil ihr Vater sie immer an den Haaren zog. Sie ist am ganzen Körper tätowiert. Ihre Geschichte hat sie bereits in zahlreichen Zeitungsartikeln und Fernsehdokumentationen öffentlich gemacht. Auf ihrem Instagram-Account, der sie zum Film brachte, zeigt sie ihre selbst gemalten Bilder, in denen sie ihre Geschichte verarbeitet.
Auf den Leib geschrieben
Die Rolle der brüchigen Maria in Brunners Film „Luzifer“ war ihr wie auf den Leib geschneidert. Gleichzeitig habe sie die Rolle auch sehr beeinflusst. Sie habe die Figur quasi fertig geschnitzt. „Die Art, wie die Maria in dem Film betet, stammt von mir“, sagt Jensen. Eine Parallele zu ihr sei auch, dass die Alkoholikerin Maria in ihrem Glauben Kraft findet, nicht zu trinken.
Außerdem war es Jensen wichtig, kirchliche Lieder wie „Ubi caritas“ in dem Film zu singen. Für die Produktion musste die Pastorin Keyboard spielen lernen. Dann ging es im September und Oktober 2019 zu den Dreharbeiten nach Tirol. Die Höhenluft auf 2700 Metern sei eine Herausforderung gewesen. Genauso wie die Kälte. „Bei vier Grad Celsius im Tank Top, das war Hardcore“, so Jensen.
Auf das Ergebnis ist Susanne Jensen sehr stolz. „,Luzifer‘ ist alles andere als ein klassischer Horror-Exorzisten-Streifen.“ Stattdessen sei der Film hochaktuell. Der Zuschauer werde hineingenommen in eine wunderschöne Welt, die gebrochen ist. „Die Sucht bedroht die Maria von innen, und Eingriffe in die Natur bedrohen die Welt von außen“, so Jensen. Die heile Natur, in die sich Maria mit ihrem geistig behinderten Sohn Johannes zurückgezogen hat, soll einem Skigebiet weichen. Maria sieht ihr Paradies von bösen Mächten gefährdet.
Für Rolle ausgezeichnet
Jensen wurde für ihre Leistung bereits im Oktober 2021 bei einem Fantasy-Film-Festival in Sitges bei Barcelona für die beste weibliche Hauptrolle ausgezeichnet. Der Preis, eine Gorillastatuette, steht bei ihr im Wohnzimmer. Kürzlich gewann „Luzifer“ zudem den „Best Feature Film Award“ beim „Pendance Film Festival“ in Toronto/Kanada. Susanne Jensen wünscht sich, dass viele Menschen den Film sehen zbd er vielleicht zum Kultfilm wird. So wie „High Noon“ mit Gary Cooper.
Info
„Luzifer“ ist ab 28. April in den Kinos zu sehen und wird am 1. April um 16 Uhr beim Fantasy Filmfest in Hamburg gezeigt. Karten gibt es hier.