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Vogel des Jahres 2026 ist das Rebhuhn

Einst Allerweltstier, heute stark bedrohte Rarität: Das Rebhuhn ist der neue Vogel des Jahres. Die Art kommt schon in der Bibel vor, in Feld und Flur dagegen kaum mehr. Eine leise Hoffnung gibt es aber.

Der Vogel selber wünschte wohl, es wäre so weit nicht gekommen: “Das Rebhuhn ist zum Symbol einer Politik der Nachhaltigkeit geworden”, schreibt Einhard Bezzel im “BLV-Handbuch Vögel”. Der Grund: Heute gibt es nurmehr 35.000 bis 61.000 Brutpaare in Deutschland, 1999 waren es noch 56.000 bis 91.000 und in früheren Zeiten noch mal deutlich mehr. Schuld daran? “Die Intensivierung der Landnutzung mit all ihren Folgeerscheinungen”, so Bezzel. Häufigere Mahd, riesige Felder, Gifteinsatz – all das vernichte die Artenvielfalt rund um den Acker. Darauf soll nun das Rebhuhn als Vogel des Jahres 2026 aufmerksam machen.

Das ist das am Donnerstag verkündete Ergebnis einer öffentlichen Wahl. Organisiert hatten sie der bayerische Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) aus dem mittelfränkischen Hilpoltstein und der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) mit Sitz in Berlin. Bundesweit wurden rund 180.000 Stimmen abgegeben, davon 81.855 für das Rebhuhn, das als Jahresvogel den Hausrotschwanz beerbt. Unter den von Fachleuten vorsortierten Kandidaten waren ferner die Amsel (49.011 Stimmen), die Waldohreule (23.352), die Schleiereule (21.556) und der Zwergtaucher (8.270).

Das Rebhuhn hat den Titel bereits zum zweiten Mal inne. Schon 1991 war es gekürt worden, um auf die Entwicklung vom Allerweltstier zur Rarität hinzuweisen. Viel genutzt hat’s nicht: Im “Kosmos-Vogelführer” von 1998 heißt es, der Bestand des Huhns sei nunmehr dermaßen eingebrochen, “daß vielerorts schon gezüchtete Vögel zu Jagdzwecken ausgesetzt werden”. Heute wird das Tier auf der Roten Liste der bedrohten Arten in Deutschland als “stark gefährdet” geführt; in der Schweiz gilt es bereits als ausgestorben.

Dabei braucht das Rebhuhn eigentlich nicht viel. Die Ansprüche des Bodenbewohners wirken so unscheinbar wie er aussieht. Das Tier ist überwiegend graubraun gefärbt, der Kopf orange, der Bauch trägt einen dunklen Fleck. Die etwa 30 Zentimeter lange Art ist deutlich kleiner als gewöhnliche Haushühner. Sie lebt in offenem Gelände mit Versteckmöglichkeiten wie Hecken, Rainen und Brachen, wo sie auf der Suche nach Insekten und anderen Kleintieren, Kräutern und Samen herumpickt. Dort brütet das Tier im Sommer dann auch seine Eier aus.

Hinsichtlich des Brutgeschäfts taucht das Rebhuhn schon in der Bibel auf. So heißt es in einem Gleichnis im Alten Testament: “Wie ein Rebhuhn, das sich über Eier setzt, die es nicht gelegt hat, so ist, wer unrecht Gut sammelt; denn mitten im Leben muss er davon und zuletzt steht er als Narr da.”

Das “Wissenschaftliche Bibellexikon” erläutert dazu, das Bildwort spiele wohl auf einen Verwandten des Rebhuhns, das Chukar(stein)huhn, an: “Es baut seine Nester ungeschützt in flachen Mulden im Sand. Wegen der Bedrohung der Brut durch Raubvögel, Schlangen und den Menschen muss es viele Eier legen, um die Art zu erhalten. Beim zeitweiligen oder erzwungenen Verlassen der Brut konnte es zur Verwechslung der Nester und so zum Ausbrüten fremder Eier kommen.”

Vom Rebhuhn sei Ähnliches denkbar, erklärt die LBV-Biologin Angelika Nelson auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): Es könne vorkommen, dass zwei Weibchen Eier in dasselbe Nest legten. “Ich denke nicht, dass die Vögel die Nester verwechseln, sondern eher gezielt in ein fremdes Nest legen, weil sie eventuell ihr eigenes verloren haben oder ihre Eier verteilen, damit diese sicherer sind.”

Gemein ist Chukar- und Rebhuhn zudem, dass sie nach ihren Lauten benannt sind. So schreit das Rebhuhn bei Gefahr ein warnendes “Rebrebreb”. Der wissenschaftliche Titel des Rebhuhns lautet “Perdix perdix”. In der griechischen Mythologie ist Perdix der Name eines talentierten Jungen, der von seinem neidischen Onkel von der Akropolis gestoßen wird. Athene aber, die begabten Menschen zugewandte Göttin der Weisheit, verwandelt Perdix in ein Rebhuhn, so dass er unbeschadet zu Boden flattern kann.

Ob das Rebhuhn nun bestandsmäßig noch mal einen Aufflug erleben wird? Oder droht die Alarmanlage der Ackerwelt bald auszugehen, das letzte “Rebrebreb” für immer zu verklingen? Einhard Bezzel meint: “Ökologischer Landbau und gezielte Umweltschutzmaßnahmen in der Landwirtschaft könnten die unheilvolle Entwicklung wenigstens verlangsamen und Reste der biologischen Vielfalt bewahren.”