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Viele selbstständige Handwerkerinnen arbeiten kurz nach der Geburt

Selbstständige Handwerkerinnen in Nordrhein-Westfalen arbeiten bereits wenige Wochen nach einer Geburt wieder. Laut einer Befragung des Wirtschaftsministeriums und des Westdeutschen Handwerkskammertags ist jede vierte selbstständige Handwerkerin sechs Wochen nach der Geburt wieder voll im Betrieb, wie das Ministerium am Montag in Düsseldorf erklärte. Etwa jede zweite befragte Handwerkerin sei innerhalb von vier Wochen mit reduzierter Stundenzahl in den Betrieb zurückgekehrt.

Die meisten Handwerkerinnen ließen zudem ihre berufliche Tätigkeit erst wenige Tage vor der Geburt vollständig ruhen, hieß es. Jede zweite selbstständige Handwerkerin höre erst eine Woche oder noch kürzer vor der Geburt komplett auf zu arbeiten. Neun von zehn Befragten übten während der Schwangerschaft regelmäßig körperliche Tätigkeiten aus, die bei Angestellten zu Schutzmaßnahmen oder Beschäftigungsverboten führen würden. Weniger als jede dritte Befragte erhielt während der Mutterschutzfrist Krankengeld oder Krankentagegeld von der Krankenkasse.

Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) erklärte, diese Frauen seien dringend benötigte Fachkräfte. „Es ist nicht hinnehmbar, dass sie in einer so sensiblen Lebensphase ohne jede gesetzliche Absicherung dastehen.“ Wer bis kurz vor der Geburt körperlich hart arbeite und direkt danach wieder loslege, „braucht nicht nur Anerkennung – sondern auch konkrete Unterstützung“. Um für selbstständige Frauen endlich Mutterschutzleistungen zu schaffen, habe sie im März 2024 eine entsprechende Initiative im Bundesrat durchgesetzt. Sie forderte die Bundesregierung zum Handeln auf.

Während abhängig Beschäftigte vor und nach der Geburt ihres Kindes durch das Mutterschaftsgeld und den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschaftsgeld finanziell aufgefangen würden, hätten selbstständige Mütter keinen gesetzlichen Anspruch auf Einkommensersatzleistungen, erläuterte Studienleiterin Rosemarie Kay. Sie könnten zwar privat ihren Verdienstausfall durch eine Krankengeld- oder Krankentagegeldversicherung abfedern. Vielen selbstständigen Handwerkerinnen sei diese Absicherungsmöglichkeit jedoch nicht bekannt oder sie hätten sich bewusst dagegen entschieden.

Die Umfrage wurde im Auftrag des Wirtschaftsministeriums und des Handwerkertags vom Institut für Mittelstandsforschung ausgewertet. Die sieben nordrhein-westfälischen Handwerkskammern hatten dafür im Februar 2025 selbstständige Handwerkerinnen per E-Mail oder Post angeschrieben. Von knapp 950 Handwerkerinnen hätten verwertbare Antworten vorgelegen. Rund 650 (knapp 70 Prozent) dieser Frauen hätten Kinder. Etwa die Hälfte von ihnen sei während der Selbstständigkeit Mutter geworden.