„Viele denken immer noch, Kindererziehung ist Frauensache“

Der Anteil alleinerziehender Väter ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das liegt unter anderem an den veränderten Rollenbildern. Zwei alleinerziehende Väter erzählen, mit welchen Vorurteilen sie zu kämpfen haben.

Dass man als Hausmann und engagierter Vater keinen leichten Stand hat, hat Peter Maier (Name geändert) schon bald nach der Geburt seines Sohnes erfahren müssen. Als sein Kind sechs Monate alt war, wollte er sich mit ihm gemeinsam in einer Schwimmgruppe anmelden. Doch dort stieß er nicht nur auf Wohlwollen. „Da waren ausschließlich Mütter, die mich als einzigen Vater schräg anschauten. Ich fühlte mich ausgeschlossen und unerwünscht“, sagt der 57-Jährige. „Das hat mich sehr getroffen.“

Als sein Sohn in der achten Klasse war, wollte sich Maier in einer Elterngruppe der Schule engagieren. „Die Mütter machten eine zweite WhatsApp-Gruppe auf, mit der Begründung, da würden Frauensachen besprochen werden. Dadurch erhielt ich viele Informationen nicht“, sagt er. Beim Elternstammtisch waren nur Frauen. „Sie gaben mir das Gefühl, unerwünscht zu sein.“ Fortan mied er den Stammtisch.

Oliver Malchow (Name geändert) hat seit Ende 2022 die Betreuung seiner zwölfjährigen Tochter übernommen. Der Hamburger möchte anonym bleiben, da er sich in einem laufenden Sorgerechtsstreit mit der Mutter seines Kindes befindet.

„Ich habe viel Missgunst erlebt“, sagt Malchow. Als er sich im Kindergarten seiner Tochter als Elternvertreter bewarb, hieß es, er könne nicht kandidieren, da er kein Sorgerecht habe. „Auch als ich dann das gemeinsame Sorgerecht hatte, wurde weiterhin blockiert“, sagt er.

Die ersten drei Jahre nach der Geburt seines Sohnes befand sich Peter Maier in Elternzeit. Er kümmerte sich um die Betreuung seines Kindes, während seine Ehefrau studierte und als Bildungsreferentin arbeitete. Als ihr gemeinsamer Sohn vier Jahre alt war, trennte sich das Paar. Seine Frau zog mit dem Sohn nach Worms. Er sah ihn an Wochenenden und in den Ferien. Zehn Jahre später zog der 14-Jährige dann zu ihm nach Trier. So wurde Maier ein alleinerziehender Vater.

Laut Statistischem Bundesamt steigt die Zahl alleinerziehender Väter stetig. Im Jahr 2022 waren 15 Prozent der Alleinerziehenden männlich. Zehn Jahre zuvor lag der Anteil bei zehn Prozent.

Annette von Alemann ist Professorin für Soziologie an der Universität Duisburg-Essen. Sie beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit dem Thema Vaterschaft. „Alleinerziehende Väter durchbrechen die klassische Vaterrolle“, sagt sie. Das sei der Grund, wieso Väter wie Peter Maier oft auf Unverständnis stießen.

Die Expertin spricht von einer Veränderung der Rollenbilder. „Männer wollen sich von ihren Vätern abgrenzen, die weniger Zeit für sie hatten. Sie wollen für ihre Kinder präsent sein“, sagt sie. Das zeige sich auch am Beispiel Peter Maier.

Er genieße die Zeit mit seinem heute 22-jährigen Sohn. „Wir gehen oft wandern, wollen im Sommer für eine Woche nach Spanien in den Urlaub“, sagt er. Er sei stolz auf das enge Verhältnis zu seinem erwachsenen Sohn. Sein Sohn sieht das ähnlich. „Meine Freunde fanden es immer cool, wenn mein Papa uns am Fußballfeld angefeuert hat, wir zusammen in die Schule geradelt sind oder sie einfach mal einen Einblick in eine entspannte ‚Männer-WG‘ bekommen haben“, sagt der Student.

Von Alemann sieht jedoch auch, dass alleinerziehende Väter anders behandelt werden als Mütter. „Väter, die ihre Kinder zum Großteil allein betreuen, finden in der Gesellschaft sogar Bewunderung“, sagt von Alemann. Die Soziologin spricht hier von einem Vater-Bonus. Alleinerziehenden Müttern hingegen werde weniger zugetraut. „Während alleinerziehende Frauen oft als überfordert und gestresst angesehen werden, schlägt Vätern häufig eine Welle der Unterstützung entgegen.“

Das kann Peter Maier so nicht bestätigen. „Ich bekomme lediglich Anerkennung und Bewunderung von meinem engsten Freundes- und Familienkreis“, sagt er. Ansonsten stoße er oft auf veraltete Denkmuster. „Viele denken immer noch, Kindererziehung ist Frauensache“, sagt er.