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Viel Applaus für ukrainische Journalisten

Der Deutsche Journalisten-Verband feiert seinen 75. Geburtstag, der Präsident der Journalistengewerkschaft der Ukraine berichtet eindrücklich über den Medienalltag im Krieg – und der Kanzler sagt ab.

Der Präsident der Nationalen Journalistengewerkschaft der Ukraine, Sergiy Tomilenko, hat deutschen Medien und dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) für die Unterstützung seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 gedankt. “Jeder hat auf seinem Smartphone eine App, die vor Angriffen warnt”, sagte Tomilenko am Sonntag vor den rund 230 Delegierten beim Bundesverbandstag des DJV in Ingolstadt. Sie spendeten reichlich Applaus.

Seit Kriegsbeginn seien mindestens 103 Medienmitarbeiter getötet worden, so Tomilenko. “Das jüngste Opfer ist eine junge Journalistin, die 2023 von den russischen Truppen verschleppt wurde. Kurz vor meiner Abreise erhielten wir die Nachricht, dass sie in einem russischen Gefängnis gestorben ist.” Aktuell seien mehr als 30 Journalisten in russischer Gefangenschaft, “offiziell wegen falscher Anschuldigungen, sie seien Terroristen und Extremisten”. Die Medien in der Ukraine arbeiteten unermüdlich weiter.

Besondere Bedeutung komme dabei 32 Lokalzeitungen zu, die in unmittelbarer Frontnähe erschienen. “Weil hier andere Infrastruktur durch die russischen Angriffe zerstört wurde, sind diese Zeitungen auf Papier enorm wichtig. Meine Kollegen müssen morgens erst Trümmer wegräumen und schreiben dann ihre Artikel”, berichtete Tomilenko. Diese Blätter versorgten die Menschen nicht nur mit lebenswichtigen Informationen, sondern seien darüber hinaus “die Stimme der Hoffnung und Wahrheit”.

Seit Kriegsbeginn wurden mit Unterstützung des DJV, der European Federation of Journalists, der Unesco und anderer internationaler Organisationen in mehreren Städten “Journalist Solidarity Center” eingerichtet, die ukrainische und internationale Journalisten bei ihrer Arbeit unterstützen.

Die Zentren stellen Schutzausrüstung wie Helme und schusssichere Westen zur Verfügung, bieten Kurse und Trainings zur journalistischen Arbeit im Kriegsgebiet an “und übernehmen die mit zunehmender Kriegsdauer immer wichtiger werdende psychologische Betreuung von Medienschaffenden”, so Tomilenko: “Besonders entscheidend ist hier, den Kontakt zu unseren Kollegen in den von Russland besetzten Gebieten zu halten und sie zu unterstützen.”

Der Präsident der Journalistengewerkschaft warf Russland vor, gezielt Journalisten anzugreifen oder festzusetzen. “Daher haben wir uns jetzt entschlossen, bei den Helmen und Schutzwesten die bisher üblichen Kennzeichnungen als Presse wieder abzumachen”. Tomilenko dankte dem DJV und seinen Mitgliedern für die Unterstützung: “Ohne eure Solidarität ertönt die Sirene, die ich auf meinem Smartphone habe, morgen auf euren Telefonen.”

Der DJV feiert bei seinem bis Montag dauernden Verbandstag auch sein 75. Jubiläum. Beim Festakt am Sonntagabend wollte neben dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprechen. Wegen der aktuellen Lage in der Bundesregierung sagte Scholz seine Teilnahme aber wieder ab.