Verbände uneins bei Reformvorschlägen der Union zur Prostitution
Kritiker meinen, dass Deutschland durch Gesetze im Bereich der Sexarbeit zum “Bordell Europas” geworden sei. Nun legt die Union einen Antrag vor, der die Frauen besser schützen und Menschenhandel verhindern soll.
Verbände und andere Experten haben unterschiedlich auf einen Antrag der Union reagiert, nach dem Prostituierte besser geschützt werden sollen. Der Deutsche Städtetag betonte in einer Anhörung am Montag im Bundestag, dass sich in den Kommunen mittlerweile erfolgreiche Modelle zur Kooperation etabliert hatten, um Prostituierte besser vor Ausbeutung und Gewalt zu schützen. Die Gewerkschaft der Polizei sprach sich gegen ein generelles Verbot von Prostitution aus. Es müsse aber eine stärkere gesamtgesellschaftliche Aufklärung sowie finanziell abgesicherte Ausstiegsprogramme für Prostituierte geben.
Debattiert wurde bei der Anhörung ein Antrag der Union, nach dem die bestehenden Regelungen geändert werden sollten. 2001 war unter der rot-grünen Regierung ein Gesetz verabschiedet worden, das die Sittenwidrigkeit der Prostitution abschaffte und einen Zugang zur Sozialversicherung ermöglichte. Ziel war es, das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen zu stärken und ihren Schutz vor Ausbeutung, Zuhälterei, Gewalt und Menschenhandel zu verbessern.
Ob das gelungen ist, wird kontrovers debattiert. Kritiker sprechen davon, dass sich Deutschland mit Einführung des Prostitutionsgesetzes zum “Bordell Europas” entwickelt habe. Vor sieben Jahren verabschiedete der Bundestag ein zusätzliches Prostitutionsschutzgesetz, das unter anderem die Gesundheitsversorgung von Prostituierten regeln soll.
Ende 2023 arbeiteten in Deutschland nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes rund 30.600 Prostituierte mit einer gültigen Anmeldung; die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher liegen. In dem Antrag fordert die Union unter anderem die Einführung einer allgemeinen Strafbarkeit für die Kunden von Prostituierten. Der Kauf sexueller Dienstleistungen soll demnach als Vergehen geahndet werden. Die Union orientiert sich dabei an dem sogenannten Nordischen Modell, das vor einigen Jahren in Schweden eingeführt wurde.
Der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) sieht eine Reform kritisch. Rein juristisch würde ein solches Sexkaufverbot gegen das Recht zur freien Berufswahl verstoßen, so der SkF. Sexarbeiterinnen könnten nur dann erreicht werden, wenn sie legal arbeiten und eine gesundheitliche Versorgung sowie Präventionsangebote nutzen könnten. Zugleich müsse aber Frauen geholfen werden, die zur Prostitution gezwungen würden. Auch der Deutsche Frauenrat sieht in einer Änderung die Gefahr einer Kriminalisierung von Prostitution und von Prostituierten. Zu befürchten sei zudem, dass Prostitution sich erneut in nicht kontrollierbare Räume verlagere.
Dagegen sprach sich die Nid-Bewegung (“Mouvement du Nid”) für Reformen aus. Acht Jahre nach der Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes in Frankreich zeige eine erste Bilanz, dass rund 1.700 Menschen von den Angeboten zum Ausstieg profitieren konnten oder sich im Ausstiegsprozess befänden. Nach dem Ende dieses Prozesses befänden sich über 90 Prozent von ihnen in einer festen Beschäftigung und hätten eine dauerhafte Legalisierung ihres Aufenthalts in Frankreich erreicht.