Verbände: Missbrauchsopfer brauchen mehr Hilfe
Kinder sollen durch ein Gesetz besser vor Missbrauch geschützt und die Aufarbeitung gestärkt werden. Verbände fordern weitere Änderungen, die Betroffenen mehr Hilfe zusichern.
Verbände haben einen Gesetzentwurf zur Stärkung von Kinderschutz begrüßt, zugleich aber mehr Unterstützung von Missbrauchsopfern gefordert. Es brauche ein dezentrales, niedrigschwelliges Hilfsangebot, das auch digital erreichbar sei, erklärte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am Montag bei einer Anhörung im Bundestag. Zudem brauche es eine Ombudsstelle für Betroffene, deren Fälle nicht ausreichend aufgearbeitet seien.
Das vorgesehene Budget für ein Beratungssystem für Betroffene von 2,5 Millionen Euro sei viel zu niedrig angesetzt. Wie notwendig Unterstützungs- und Anerkennungsleistungen seien, zeigten nicht zuletzt die Anerkennungszahlungen der katholischen Bistümer. Diese beliefen sich Ende 2023 nach dreijähriger Laufzeit bereits auf knapp 57 Millionen Euro.
Die Verbände äußerten sich zu einem Gesetzentwurf zur Stärkung von Kinderschutz. Auch das Amt der Missbrauchsbeauftragten Kerstin Claus soll dadurch gesetzlich verankert werden. Der Entwurf befindet sich im parlamentarischen Verfahren. Auf ein solches Gesetz hatten sich SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag verständigt.
Der Deutsche Kinderschutzbund sprach sich dafür aus, dass auch die freien Träger in das Recht von Betroffenen auf Akteneinsicht einbezogen werden müssten. Zudem müsse es eine Stärkung der Fachberatungsstellen geben. Der Kinder- und Jugendpsychiater Jörg Fegert plädierte dafür, dass die Missbrauchsbeauftragte nicht nur ein Mal in der Legislaturperiode, sondern jährlich gegenüber dem Parlament Bericht erstatten solle. Auch müsse eine Kinderschutzhotline rund um die Uhr erreichbar sein.
Die kommunalen Spitzenverbände setzten sich dafür ein, den Sozialdatenschutz zu lockern. Dadurch sei eine bessere Aufarbeitung möglich. Die Aufarbeitung zurückliegender Missbrauchsfälle scheitere häufig an datenschutzrechtlichen Hindernissen, so die Verbände. Auch sollten Universitäten vollständigen Zugang zu Jugendhilfeakten bekommen, um mögliche Fälle zu untersuchen. Zugleich äußerten sie die Befürchtung, dass durch das neue Gesetz mit einem Recht auf Akteneinsicht von Betroffenen in Jugendämtern die Kosten stiegen.
Unterdessen forderte die Initiative “Eckiger Tisch”, dass auch Opfer, die durch Mitglieder von Institutionen wie Kirchen oder Sportvereine missbraucht wurden, ein Recht auf Akteneinsicht haben müssten. Das ist im Gesetzentwurf bislang nicht vorgesehen. Zudem müsse sich der Staat stärker an der Entschädigung von Missbrauchsbetroffenen beteiligen. Er müsse Handlungsoptionen prüfen, wie er im Rahmen der staatlichen Schutzpflichten Betroffene stärker unterstützen könne. Der “Eckige Tisch” ist eine Initiative, zu der sich Missbrauchsopfer aus der katholischen Kirche zusammengeschlossen haben.
Mit dem Gesetz soll auch der Betroffenenrat und die unabhängige Aufarbeitungskommission dauerhaft arbeiten können. Der Bund will darüber hinaus ein Beratungssystem für Betroffene einrichten. Mit Aufklärung, Sensibilisierung und Qualifizierung wird laut Gesetzentwurf die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beauftragt.
Für mehr Institutionen in der Kinder- und Jugendhilfe soll die Anwendung von Schutzkonzepten verpflichtend werden.Nicht im Gesetzentwurf geregelt ist hingegen die Zukunft des Fonds Sexueller Missbrauch, der 2013 aufgelegt worden war. Er soll Unterstützung zur Bewältigung der Folgen von sexualisierter Gewalt in der Kindheit und Jugend gewähren. Betroffene können bislang Sachleistungen wie Therapien oder Bildungsmaßnahmen im Gesamtwert bis zu 10.000 Euro beantragen.