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Verbände: Kinder stehen vor Familiengerichten zu oft allein da

Justizverfahren sind selbst für Erwachsene mitunter nur schwer nachzuvollziehen. Für Kinder ist dies meist umso schwieriger. In Deutschland bekommen sie dabei zu selten Hilfe, bemängeln Verbände.

Kinder bekommen vor Familiengerichten nach Einschätzung des Deutschen Kinderhilfswerks immer noch zu selten einen professionellen Begleiter zur Seite gestellt. Im bundesweiten Durchschnitt würden sogenannte Verfahrensbeistände in weniger als der Hälfte der Verfahren in Kindschafts-, Abstammungs- und Adoptionssachen vom Gericht bestellt, kritisierte die Organisation am Donnerstag gemeinsam mit dem Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche.

Die bundesweite Quote habe nach den jüngsten verfügbaren Daten des Statistischen Bundesamts für 2022 bei 45,6 Prozent gelegen. Lediglich in vier Bundesländern (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt) sei in der Mehrzahl der Fälle ein Beistand bestellt worden. In einigen Bundesländern sei die Quote zuletzt sogar rückläufig gewesen.

“Alle Kinder brauchen in Justizverfahren eine professionelle Begleitperson, dies ist zur Wahrnehmung ihrer Interessen im Regelfall erforderlich”, sagte die Vizepräsidentin des Deutschen Kinderhilfswerks, Anne Lütkes. “In familiengerichtlichen Verfahren ist dies ein qualifizierter Verfahrensbeistand, der nur ihr Wohl und ihre Interessen vertreten soll, und nicht die der Eltern.” Der Beistand solle unabhängig und für das Kind eine Vertrauensperson sein.

Das Familienverfahrensgesetz müsse besser umgesetzt werden, und Richterinnen und Richter müssten umdenken, forderte Lütkes. Auch in Verwaltungsverfahren bräuchten Kinder Begleitung und Unterstützung. In diesem Bereich gebe es bislang keine speziellen Regelungen dafür. Kinderhilfswerk und Berufsverband bemängeln, dass Verfahrensbeistände ohne Beteiligung des Kindes und ohne transparente Kriterien bestellt würden.