Verantwortungsgemeinschaften sollen mehr Bindung ermöglichen

Was ist, wenn Menschen kein Paar sind, sich aber trotzdem in manchen Situationen unterstützen wollen? Justizminister Buschmann will dafür neue Möglichkeiten schaffen – doch die stoßen auch auf Kritik.

Freunde oder Mitbewohner, die sich gegenseitig in wichtigen Fragen und Notlagen helfen wollen, sollen ab dem kommenden Jahr eine Verantwortungsgemeinschaft bilden können. Diese soll „es Menschen ermöglichen, ihre Verantwortungsbeziehungen so abzusichern, wie sie es möchten – mit passgenauen Lösungen zum Beispiel für Auskunftsrechte im Krankenhaus oder die gemeinsame Führung des Haushalts“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Montag in Berlin. Er legte Eckpunkte für ein Gesetz vor, mit dem er die neuen rechtlichen Möglichkeiten bis 2025 einführen will.

Eine Verantwortungsgemeinschaft sollen Menschen beim Notar beurkunden lassen können, für die eine Ehe nicht infrage kommt, weil sie gar kein Paar sind. Im Blick hat der Minister etwa alleinstehende ältere Menschen in einer Wohngemeinschaft und Alleinerziehende, die sich gegenseitig unterstützen wollen. Maximal sechs volljährige Menschen sollen sich zu einer Verantwortungsgemeinschaft zusammenschließen können. Als Voraussetzung gilt eine persönliche Nähe untereinander. Zudem soll eine Person nur einer Gemeinschaft angehören können.

Die Vertragspartner einer Verantwortungsgemeinschaft sollen grundsätzlich bei der Auswahl eines rechtlichen Betreuers berücksichtigt werden können. Auch bei einer Organspende könnte die Regelung zum Tragen kommen.

Steuererleichterungen sind hingegen nicht geplant, auch erb- oder aufenthaltsrechtliche Folgen, Unterhaltspflichten und Auswirkungen auf das Eltern-Kind-Verhältnis soll es nicht geben. Am besonderen Schutz der Ehe und Familie werde sich nichts ändern, betonte Buschmann. Es handele sich nicht um eine „Ehe light“. Der Minister will im Herbst seinen Gesetzentwurf ins Kabinett bringen.

Seine Eckpunkte sehen verschiedene Ausbaustufen vor, die mehr Verantwortung mit sich bringen. Dazu gehören beispielsweise die Auskunftsrechte bei Ärzten und andere Gesundheitsangelegenheiten. Wer unter einem Dach zusammenlebt, kann anderen Rechte in Bezug auf die alltägliche Haushaltsführung gewähren. Noch prüfen will Buschmann hingegen, ob Regeln zur Pflege von nahen Angehörigen auch auf Verantwortungsgemeinschaften übertragbar sein könnten.

Wenn eine solche Gemeinschaft lediglich aus zwei unverheirateten Menschen besteht, sollen diese sich darauf einigen können, dass bei Beendigung in der Gemeinschaft erworbenes Vermögen untereinander ausgeglichen wird – eine sogenannte Zugewinngemeinschaft, wie sie im Regelfall auch unter Ehepartnern gilt.

Die Unionsfraktion hatte am Wochenende angesichts der Pläne vor der möglichen Anerkennung von Vielehen gewarnt. „Niemand wird kontrollieren können, welcher Art die Verbindung zwischen den Menschen in einer solchen Verantwortungsgemeinschaft ist“, sagte der rechtspolitische Sprecher Günter Krings (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Was, wenn der Staat am Ende auch Verbindungen anerkennt, die unsere Rechtsordnung bisher mit Recht strikt ablehnt? Das könnte zum Beispiel die Vielehe sein.“ Krings hält das neue Modell zudem für überflüssig, da sich alles, was geplant sei, bereits jetzt vertraglich regeln lasse.

Minister Buschmann räumte ein, dass sich durch einzelne Vollmachten etwas Ähnliches nachbauen lasse wie eine Verantwortungsgemeinschaft. Doch die neue Möglichkeit biete zwei Vorteile, sagte er der Funke-Mediengruppe: „Erstens kann man alles in einem Durchgang erledigen und sich beim Notar genau das passende Modell zusammenbauen. Außerdem hat die Verantwortungsgemeinschaft einen symbolischen Mehrwert. Wer sie eingeht, gibt einem sozialen Verhältnis eine Struktur und einen positiven Namen.“