RedBird Capital tritt aus Furcht vor einer neuen Prüfung durch die Medienbehörden vom Kauf des “Daily Telegraph” zurück. Der Traditionszeitung droht erneut die Hängepartie: Wer übernimmt die “Bibel der Konservativen”?
Das US-Konsortium RedBird Capital ist am Freitag vom Kauf des Londoner “Daily Telegraph” zurückgetreten. Wie die konservative britische Tageszeitung in eigener Sache berichtet, hängt der Schritt auch mit der kritischen Berichterstattung der Redaktion über den Deal zusammen. Dazu gehören Enthüllungen über enge Kontakte eines RedBird-Mitinvestors zur chinesischen Regierung, die voraussichtlich eine nochmalige Überprüfung des Verkaufs durch die britischen Medien- und Wettbewerbsbehörden nach sich gezogen hätten.
Die von US-Investor Gerry Cardinale gegründete Finanzierungsgesellschaft scheitert damit bereits zum zweiten Mal mit ihrem Vorhaben, das 170 Jahre alte Traditionsblatt, das in Großbritannien als “Bibel der Konservativen” gilt, zu übernehmen. Damit ist die Zukunft des “Daily Telegraph” und seiner Schwesterzeitung “Sunday Telegraph” wieder völlig offen. Anfangs hatte sich auch der deutsche Medienkonzern Axel Springer an einer Übernahme interessiert gezeigt, dann aber angesichts des geforderten Kaufpreises von 500 Millionen Pfund (umgerechnet rund 566 Millionen Euro) abgewunken.
2024 war der Verkauf schon einmal gescheitert, weil ein von der Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate kontrollierter Fonds als Partner von RedBird den Deal mitfinanzieren sollte. Die frühere konservative britische Regierung hatte daraufhin ein Gesetz erlassen, das ausländische Beteiligungen an britischen Verlagsunternehmen stark einschränkt. Nun wird RedBirdCapital offenbar der eigene Aufsichtsratsvorsitzende John Thornton zum Verhängnis. Dieser soll nach “Telegraph”-Recherchen enge Kontakte zum Pekinger Politbüro-Mitglied Cai Qi unterhalten, der als “Chief of Staff” von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping gilt. Nach britischen Presseberichten stand die Ankündigung einer erneuten Prüfung des “Telegraph”-Verkaufs durch Medienministerin Lisa Nandy unmittelbar bevor.
RedBird bestätigte den Rückzug und erklärte, man werde jetzt “an einer Lösung arbeiten, die im Interesse der Mitarbeitenden und der Leser” des Blattes sei. Cardinale hatte ursprünglich erklärt, aus der Zeitung eine “rechte New York Times” machen zu wollen. Er galt in dieser Hinsicht wie der ebenfalls an RedBird beteiligte US-Investor und Oracle-Gründer Larry Ellison als Gefolgsmann von US-Präsident Donald Trump.
“Telegraph”-Chefredakteur Chris Evans schrieb nach Bekanntwerden des RedBird-Rückzugs in einem Statement an die Mitarbeitenden des Blattes: “Es ist kein Geheimnis, dass ich, alle redaktionellen Führungskräfte und viele unserer Autoren Bedenken wegen des Deals hatten.” Allerdings ziehe sich die Suche nach einem Käufer schon “viel zu lange hin”. Der “Daily Telegraph” verdiene neue Eigentümer, “die sich für Journalismus engagieren und investieren”.
Nach britischen Presseberichten wäre Evans nach dem Vollzug des Verkaufs als Chefredakteur von den neuen Eigentümern abgelöst worden. Cardinale hatte demnach dem Blatt wegen seiner kritischen Berichterstattung über den Deal mit “Krieg gegen die Redaktion” gedroht.
Der 1855 gegründete “Daily Telegraph” war im Zuge von Zahlungsschwierigkeiten seiner früheren Besitzer, der Familie Barclay, zur Absicherung von Krediten an eine Bank abgetreten worden, die 2023 eine Auktion zum Verkauf des “Daily Telegraph” startete.