US-Historiker: Geschichte kann zum Frieden beitragen
Nach Ansicht des US-Historikers David Nirenberg (Princeton, New Jersey) kann ein Blick in die Geschichte wertvolles Wissen liefern. „Wir können von der Geschichte lernen, wie man Frieden schaffen kann, aber auch dass es nur kleine Gruppen braucht, um den friedlichen Konsens einer großen Gruppe zu zerstören“, sagte der Direktor des „Institute für Advanced Study“ in Princeton am Dienstag bei der Pressekonferenz anlässlich der Verleihung des Dr. Leopold Lucas-Preises in Tübingen. Der Historiker nimmt am Dienstagabend den mit 50.000 Euro dotierten Preis entgegen.
Leider gebe es weltweit eine Tendenz, die eigene Geschichte beenden und loswerden zu wollen. Doch Europa und speziell Deutschland habe sehr viel aus der Geschichte gelernt und sehe die eigene Verantwortung, über diese nachzudenken. Nun sei es wichtig, auch andere Länder mehr dazu zu bringen, sich mit der eigenen Vergangenheit zu befassen.
Birgit Weyel, Dekanin der Evangelisch-Theologischen Fakultät sagte, David Nirenberg hätte durch seine Arbeiten, die bis in das Mittelalter zurückschauten, hervorragend gezeigt, dass Judentum, Christentum und Islam nie voneinander unabhängige Gruppen waren, sondern ihre eigene Identität im Mit- und Gegeneinander gebildet hätten. Seine Forschung zeige anhand von konkreten Fallstudien anschaulich die Verflechtungen zwischen diesen Religionen. Außerdem arbeite er den Antijudaismus im westlichen Denken seit der Antike heraus und ordne diesen in die jeweiligen historischen Zusammenhänge ein.
Der Dr. Leopold Lucas-Preis, würdigt hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Theologie, Geistesgeschichte, Geschichtsforschung und Philosophie. Die Auszeichnung wurde gestiftet vom Sohn des 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt gestorbenen jüdischen Gelehrten und Rabbiners Leopold Lucas.
Der mit 20.000 Euro dotierte Dr. Leopold Lucas-Preis für Nachwuchswissenschaftler geht an den katholischen Theologen Jan Niklas Collet (Dortmund) für seine Dissertation „Die Theologie der Befreiung weiterschreiben. Ignacio Ellacuría im Gespräch mit dem dekolonialen und postkolonialen Feminismus“.
Unter den bisherigen Preisträgern sind der jüdische Gelehrte Schalom Ben-Chorin (1913-1999), der katholische Theologe Karl Rahner (1904-1984), der Philosoph Karl Popper (1902-1994), der israelische Historiker Moshe Zimmermann, der Dalai Lama sowie die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (1920-2015) und Joachim Gauck. Verliehen wird die Auszeichnung von der Evangelisch-Theologischen Fakultät Tübingen, gemeinsam mit der Universität und dem Universitätsbund. (1033/14.05.2024)