Urteil im Prozess zum Neonaziverlag erwartet
Im Prozess gegen drei ehemalige Mitarbeiter des rechtsextremen „Schelm“-Verlags soll am 29. April das Urteil fallen. Das kündigte der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht Dresden, Hans Schlüter-Staats, am Donnerstag an. Zuvor seien für den 17. April weitere Plädoyers der Verteidiger und die „Letzten Worte“ der Angeklagten vorgesehen.
Die Bundesanwaltschaft fordert am Donnerstag in ihrem Plädoyer für die drei Angeklagten Freiheitsstrafen von 18 Monaten, 20 Monaten sowie zwei Jahren und acht Monaten. In Fall von Matthias B. und Annemarie K. könnten die Strafmaße auf Bewährung ausgesetzt werden.
Matthias B. halten die Bundesanwälte zugute, dass er maßgeblich zur Aufklärung beigetragen und ein umfassendes Geständnis abgelegt habe. Auch K. hatte ausgesagt. Aus Sicht der Bundesanwaltschaft distanzierte sie sich jedoch nicht glaubwürdig von ihrer rechtsextremen Einstellung.
In ihrem Plädoyer betonten die Bundesanwälte, dass zwei der Angeklagten eine kriminelle Vereinigung gegründet hätten, der dritte Beschuldigte zumindest Mitglied gewesen sei.
Sie hätten sich auf der Grundlage einer nationalsozialistischen Gesinnung zusammengeschlossen und über den „Schelm“-Verlag mehr als zwei Jahre Hetzschriften und Bücher mit NS-Propaganda gewinnbringend verbreitet, hieß es.
Zwar sei der flüchtige Rechtsextremist Adrian Preißinger der Verlagschef gewesen. Ohne die drei Angeklagten wäre der Vertrieb der volksverhetzenden Bücher laut Bundesanwaltschaft jedoch nicht möglich gewesen. Unter dem Deckmantel des historisch lustigen Narren „Schelm“ hätten sie schweres Unrecht begangen.
Zwischen August 2018 und Dezember 2020 seien pro Tag etwa 40 Bestellungen verschickt worden, hieß es. Dabei sei den Angeklagten der Inhalt der Sendungen bekannt gewesen. Dass menschenverachtende Worte in tödliche Gewalt umschlagen könnten, hätten nicht zuletzt mehrere Ereignisse in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bewiesen, betonte die Bundesanwaltschaft.
Die Verhandlung am Oberlandesgericht Dresden hatte Mitte März begonnen. Enrico B., Matthias B. und Annemarie K. sollen laut Anklage jahrelang volksverhetzende, antisemitische und rechtsextreme Schriften verbreitet haben, darunter auch eine unkommentierte Ausgabe von Adolf Hitlers „Mein Kampf“. Der untergetauchte, damalige Verlagschef Adrian Preißinger wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Er soll sich in Russland aufhalten.
Der Verteidiger von Matthias B. sagte am Donnerstag in seinem kurzen Plädoyer: „Wir sind nicht angetreten, um etwas zu relativieren.“ Sein Mandant habe umfassende Aufklärungshilfe geleistet. Das habe die Bundesanwaltschaft auch gewürdigt. Der Verteidiger forderte für B. eine Bewährungsstrafe und die Aussetzung des Haftbefehls.