Urteil: Geheimdienst muss keine Auskunft über Staatstrojaner geben

Schon lange gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass der Bundesnachrichtendienst die Spähsoftware Pegasus einsetzt. Ob das stimmt, muss er aber nicht öffentlich zugeben, entschied das Bundesverwaltungsgericht.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) muss dem Online-Portal “Frag den Staat” keine Auskünfte zur möglichen Nutzung des Staatstrojaners Pegasus machen. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag. Chefredakteur Arne Semsrott hatte mit seiner Klage erreichen wollen, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst Angaben macht, ob er die Spähsoftware Pegasus erworben und eingesetzt hat.

Pegasus wird vom israelischen Unternehmen NSO Group vertrieben. Es kann einer Zielperson ohne deren Zutun auf ein mobiles Endgerät gespielt werden. Dadurch können sämtliche Aktivitäten verfolgt, Daten ausgelesen und Mikrofone und Kameras aktiviert werden. Staaten erwerben Pegasus und vergleichbare Software-Produkte eigenen Angaben zufolge, um Kriminelle zu verfolgen und schwere Straftaten aufzuklären oder zu verhindern. Immer wieder wird die Software jedoch auf den Geräten von Aktivisten, Journalisten und Politikern entdeckt – sowohl in demokratischen als auch in autokratischen Staaten.

Staatstrojaner-Software ist aus verschiedenen Gründen umstritten. Kritiker warnen, dass die Hersteller Sicherheitslücken in Betriebssystemen ausnutzen, um die Spähsoftware auf fremden Handys installieren zu können. Dafür müssen die Sicherheitslücken aber offen gehalten werden, sobald sie gefunden sind, anstatt sie mit einem Sicherheitsupdate zu schließen. Somit sind technische Geräte anfälliger für Internetkriminelle, die die Sicherheitslücken ebenfalls nutzen können. Außerdem ist der Eingriff in die Privatsphäre der Zielpersonen enorm groß.

Recherchen, dass auch der Bundesnachrichtendienst Pegasus einsetzt, kursieren schon lange. Offiziell bestätigt wurden diese Angaben vom Geheimdienst allerdings nie. “Frag den Staat” wollte nun vor Gericht erreichen, dass der BND diese Informationen herausgibt. Dem hat das Bundesverwaltungsgericht eine Absage erteilt: “Die Fragen zielen auf die Offenlegung seiner aktuellen nachrichtendienstlichen Arbeitsweise und Methodik ab”, gab das Gericht dem BND recht. Von einer Veröffentlichung der Informationen könnten demnach mittelbar auch operative Vorgänge betroffen sein. Auch ausländische Geheimdienste könnten von den Informationen profitieren, was ein Nachteil für den BND wäre.

In einem anderen Punkt hatte der Kläger allerdings Erfolg. Neben der eigentlichen Auskunft ging es dem Online-Portal auch darum, festzustellen, ob ein presserechtlicher Anspruch auf Auskünfte gegenüber öffentlichen Stellen auch für Online-Medien bestehen. Der BND hatte argumentiert, das Presserecht gelte nur für Medien, die auch ein periodisches Druck-Erzeugnis auf den Markt bringen. Dem folgte das Gericht mit Blick auf den Kläger nicht: “Es kommt nicht darauf an, ob seine publizistische Tätigkeit im Rahmen von Printmedien oder der digitalen Presse erfolgt. Sowohl die Verkörperung journalistisch-redaktioneller Inhalte in gedruckter Form als auch deren Darstellung auf dem Bildschirm unterfallen dem verfassungsrechtlichen Schutz der Pressefreiheit.”

Kläger Arne Semsrott beurteilte das Urteil zwiespältig: “Mit dem heutigen Urteil hat das antiquierte Presseverständnis von vielen Behörden und Gerichten endlich ein Ende. Es war längst überfällig anzuerkennen, dass Online- und Printmedien und ihre Journalist*innen gleiche Rechte besitzen.” Es sei aber enttäuschend, dass der BND sich dennoch aus der Affäre ziehen und weiter dazu schweigen könne, ob er die umstrittene Pegasus-Software einsetzt.