Die Tuba – eine unterschätzte Power-Röhre

Die Tuba ist 2024 Instrument des Jahres. Bis heute wird die Riesenröhre in Handarbeit gefertigt. Mit der Tuba lassen sich tiefe Töne und schnelle Tonfolgen spielen. Doch es braucht viel Luft.

Die Tuba ist das "Instrument des Jahres"
Die Tuba ist das "Instrument des Jahres"Imago / Kickner

Das tiefste aller Blechblasinstrumente hat viel Power: In Sinfonieorchestern gibt es in der Regel nur eine, höchstens zwei, aber die Tuba bildet das Fundament. Oft übernimmt sie eine rhythmische Funktion. Für dieses Jahr haben Deutschlands Musikräte die Tuba zum „Instrument des Jahres“ gekürt. In vielen Bundesländern werden dazu Veranstaltungen und Konzerte organisiert. Vom 9. bis 12. Mai steht ein Tubafest in Berlin auf dem Programm.

Mit dabei ist auch der Dresdner Kammervirtuose Jörg Wachsmuth, der als einer der weltweit renommiertesten Tubisten gilt. „Vieles würde man der Tuba gar nicht zutrauen“, sagt der gebürtige Thüringer, der seit dem Jahr 2000 in der Dresdner Philharmonie spielt.

Großer Tonumfang bei der Tuba

Die Tuba habe im Vergleich zu anderen Instrumenten einen sehr großen Tonumfang, etwa vier Oktaven seien möglich. Wachsmuth betont: „Der Spieler muss körperlich sehr fit sein.“ Denn zum Spielen brauche es sehr viel Luft, „nur ein bisschen geht nicht“. Nicht zuletzt sind etwa acht bis zehn Kilogramm Gewicht des Instrumentes zu tragen.

Den Namen Tuba (lateinisch: Röhre) ist jahrhundertealt: Die Römer nutzten ihn früher für ein langes, schmales Instrument aus Messing und Bronze. Die heute üblichen Tuben wurden 1835 in Berlin für eine satte Basslage in Militärkapellen entwickelt. Der preußische Militärmusikreformer Wilhelm Friedrich Wieprecht (1802-1872) und der Instrumentenbauer Johann Gottfried Moritz (1777-1840) nutzten dafür die kurz zuvor erfundene Ventiltechnik, mit der Luftströme gelenkt werden können.

1845 wurde in Tschechien schließlich die Kontrabasstuba erfunden. Heute muss ein Orchestermusiker oder eine -musikerin im deutschsprachigen Raum beide Bauformen virtuos beherrschen. Für eine exzellente Technik ist es nötig, dass die Tubaspieler ihr Luftvolumen erhöhen. Dazu nutzten sie wie Leichtathleten oder Schwimmer einen Atemtrainer, sagt Wachsmuth, der Professor an der Dresdner Musikhochschule ist. Der Ton in dem meterhohen Schallrohr der Tuba entsteht durch eine Luftsäule, die der Bläser oder der Bläserin mit dem Atemstrom bildet.

Der Tubist im Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Fabian Neckermann, findet: „Die Tuba hat nicht nur eine fundamentale Bedeutung im Orchester, sondern kann auch wunderbar solistisch brillieren und wird absolut unterschätzt.“

Und dann wird’s peinlich

Auch Martin Hauspurg betont die tragende Rolle der Tuba. Er spielt Sousaphon – quasi eine Tuba zum Umhängen – in der Dresdner Band „Banda Comunale“. Zwar stehe er meistens in der zweiten Reihe neben dem Schlagzeug, doch wenn ein Solist beginnt, müsse er sehr schnell darauf reagieren. „Es gibt nichts Peinlicheres, als dass ein ruhiges Solo von einem viel zu aufgebrachten Bass oder genau andersherum begleitet wird“, sagt er.

Die „Banda“ – wie Fans das umtriebige Ensemble nennen, das sich gegen Rechtsextremismus engagiert – spielt häufig Konzerte mit zwei Tubisten. „Das macht einfach mehr Spaß, man kann sich gegenseitig animieren und auch mal ausruhen“, sagt Hauspurg, der sein Instrument im Unterschied zur klassischen Tuba auf der Schulter tragen kann. Das ermöglicht ihm, beim Spielen besser laufen zu können.

Tuba wird in Handarbeit produziert

In Sachsen werden seit mehr als 100 Jahren Tuben hergestellt. Heute arbeiten die Manufaktur im vogtländischen Markneukirchen und eine weitere im oberbayerischen Geretsried unter dem Dach des 1825 in Frankreich gegründeten Unternehmens Buffet Crampon. Sie beliefern Musikerinnen und Musiker weltweit.

Jährlich werden an den beiden Standorten bis zu 800 Tuben produziert – fast alles in Handarbeit. Sowohl bei den Berliner, den Wiener als auch bei den New Yorker Philharmonikern erklingen Tuben aus Sachsen und Bayern.

Der Vertriebs- und Marketingdirektor von Buffet Crampon Deutschland, Volkmar Kühnle, sagt, die Herausforderung bestehe darin, „aus flachen Blechstücken und Rohren ein Instrument zu erschaffen, das hervorragend klingt“. Bis auf das Hundertstel genau müsse die Handwerkskunst sitzen. „Schon kleinste Abweichungen ändern den Klang und die Intonation.“

Von wegen „behäbige Tuba“!

Die Metallblasinstrumentenmacherinnen und Metallblasinstrumentenmacher – wie die exakte Berufsbezeichnung lautet – nieten, löten und biegen, bis viele kleine und große Rohrteile, der Schalltrichter und die sogenannte Maschine der Tuba zusammenpassen. Das tiefste Blechblasinstrument überhaupt wird aus Messing, Goldmessing, Neusilber und Kupfer hergestellt.

Jörg Wachsmuth kämpft gegen das Klischee des Behäbigen der Tuba an. Nicht umsonst hält er den Tempo-Weltrekord für den „Hummelflug“ von Nikolai Rimski-Korsakow (1844-1908): Der Tubist spielt das Stück schneller als David Garrett auf der Geige. Seine Vorliebe für Rekorde zeigt er auch bei der Riesentuba in Markneukirchen: Virtuose Wachsmuth kann sogar das mehr als zwei Meter hohe und etwa 50 Kilogramm schwere Instrument spielen.