Union übt deutliche Kritik am Entwurf zur Gehsteigbelästigung
Die Ampel will Schwangere vor Belästigungen von Abtreibungsgegnern schützen. Die Union sieht dies bereits im Rahmen des rechtlich Möglichen gewährleistet und mutmaßt ein weitergehendes Ziel.
Die Union hat deutliche Kritik am Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verhinderung von Gehsteigbelästigungen geübt. Bei der ersten Lesung der Vorlage am Mittwoch im Bundestag äußerte Silvia Breher (CDU) Verständnis für das Ziel eines ungehinderten Zugangs von Schwangeren zu Beratungsstellen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Versammlungen von Abtreibungsgegnern sei aber bereits gerichtlich geklärt. Das Gesetz sei nicht nötig. Redner der Ampel-Fraktionen forderten hingegen, den Schutz von Frauen in Konfliktsituationen sowie von Mitarbeitern in Abtreibungskliniken zu verbessern.
Die geplante Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sieht vor, Verstöße als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro zu ahnden. Der Entwurf wurde zur weiteren Beratung an die zuständigen Ausschüsse überwiesen. Als Gehsteigbelästigung gelten Protestaktionen in der Nähe von Beratungsstellen, Krankenhäusern und Arztpraxen, die Schwangerschaftskonfliktberatungen anbieten oder Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Laut Entwurf muss ein ungehinderter Zugang zu den Beratungsstellen gewährleistet werden. Schwangere dürfen demnach in Hör- und Sichtweite nicht gegen ihren Willen angesprochen werden.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) begründete den Entwurf mit dem Ziel, einen Spießrutenlauf zu Ärzten oder Beratungsstellen zu verhindern. Es gehe um „die Achtung und Verwirklichung von reproduktiven Rechten“, so Paus. Die Regierung habe bei der Regelung die Spannung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Frauen und dem Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit abgewogen.
Bettina Wiesmann (CDU) warf dem Entwurf hingegen vor, die Balance zwischen beiden Rechtsgütern auszuhebeln. Es gebe kein Recht auf Verschonung vor der Meinung anderer. Wie andere Vertreter der Opposition warf sie der Ampel vor, auch mit dieser Regelung den hart errungenen gesellschaftlichen Konsens in der Abtreibungsgesetzgebung infrage zu stellen.
Nach derzeitiger Gesetzeslage ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig; er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die Schwangere sich zuvor beraten lassen, und zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Der katholische Familienbischof Heiner Koch hatte im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) ebenfalls betont, dass er einen „Spießrutenlauf von Frauen vor Beratungsstellen und Abtreibungspraxen für unzumutbar“ halte. Er warnte aber vor einer Beschränkung des Rechts, für den Schutz des ungeborenen Lebens zu demonstrieren. „Wir haben eine Verpflichtung, die Stimme des ungeborenen Kindes in dieser Gesellschaft zur Sprache zu bringen.“