Unesco-Welterbe Klosterinsel Reichenau

Die Klosterinsel Reichenau im Bodensee war im Mittelalter ein bedeutendes religiöses und kulturelles Zentrum. Zwischen 800 und 1200 erblühten dort Theologie, Mathematik, Buchkunst und Musik. Mönche wirkten als politische Berater und Diplomaten. Die Klosterschule bildete Eliten aus. Die Mönche knüpften ein europäisches Beziehungsnetz.

Abt Hatto III. (888-913) war Erzkanzler im Reich und Vormund von Ludwig dem Kind, dem letzten Karolinger-König. Zu den einflussreichsten Gelehrten des Klosters gehörte Walahfrid Strabo (um 808-849), heute vor allem für sein Lehrgedicht über klösterlichen Gartenbau bekannt. Der Universalgelehrte Hermann der Lahme (1013-1054) verfasste eine Weltchronik, forschte in der Mathematik und komponierte bis heute gesungene Kirchenlieder.

Laut einer Legende gründete der irische Wandermönch und Bischof Pirmin 724 das Kloster. Unter den Karolingern und Ottonen erlebte die Insel ihre Blütezeit. 1540 verlor das Kloster weite Teile seines Besitzes und seine Eigenständigkeit an den Konstanzer Bischof. 1757 wurden die verbliebenen Mönche vertrieben und das Kloster im Zuge der Säkularisation 1803 aufgelöst. Seit 2004 knüpft eine kleine Benediktiner-Gemeinschaft auf der Insel wieder an die Klostertradition an.

2000 zeichnete die Unesco die Klosterinsel als Welterbe aus. Die Weltkulturorganisation würdigt die Reichenau als Beispiel für die religiöse und kulturelle Bedeutung der Benediktiner im Mittelalter. Die drei romanischen Kirchen gelten als bedeutende Zeugnisse der frühmittelalterlichen Architektur. Auf der Reichenau im zehnten und elften Jahrhundert verfasste Handschriften gehören zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Einige von ihnen werden ab dem 20. April in der Jubiläumsausstellung „1.300 Jahre Klosterinsel Reichenau“ ausgestellt werden.