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Unesco – Seit 80 Jahren die globale Stimme für Kultur und Bildung

Der Kölner Dom, die Klosterinsel Reichenau und die Pyramiden von Gizeh gehören dazu, seit neuestem auch Schloss Neuschwanstein. Sie alle sind Teil des Weltkulturerbes, über das die Unesco wacht.

US-Präsident Donald Trump mag die Unesco nicht – zu “woke”. Er hat daher im Juli schon zum zweiten Mal den Rückzug der USA aus der Bildungs- und Kulturorganisation der Vereinten Nationen verkündet – das erste Mal während seiner ersten Amtszeit 2017. Die Mitgliedschaft sei “nicht im nationalen Interesse”, teilte das US-Außenministerium nun mit. Der Austritt soll im Dezember 2026 vollzogen werden. Dass die Weltmacht USA die Unesco verlässt, ist nur eine der Herausforderungen, vor die sich die Bildungs- und Kulturorganisation gestellt sieht.

Sie wurde vor 80 Jahren, am 16. November 1945, gegründet, inmitten der Trümmer des Zweiten Weltkriegs. Damals versammelten sich Delegierte aus 37 Nationen in London, um eine gemeinsame Vision umzusetzen: Frieden durch Verständigung in Bildung, Wissenschaft und Kultur. Ihre Überzeugung: “Da Kriege im Geist der Menschen entstehen, muss auch der Frieden im Geist der Menschen verankert werden.”

Heute gehören der Unesco nach eigenen Angaben 194 Mitgliedsstaaten an. Ihr Hauptsitz befindet sich in Paris. Die Pflege des Weltkulturerbes ist ihre wohl bekannteste Aufgabe. Neugewählter Direktor der Kultur- und Bildungsorganisation ist der Ägypter Khaled El-Enany, der erste aus einem arabischen Land. An seiner Wahl war vorab Kritik laut geworden, da er in seiner Zeit als ägyptischer Minister für Tourismus und Altertümer nach Meinung zahlreicher Organisationen für Kultur- und Naturschutz für Entscheidungen zum Schaden mehrerer Welterbestätten verantwortlich gewesen sein soll.

In den ersten Jahrzehnten legte die Unesco ihren Schwerpunkt auf Bildungsprogramme, Alphabetisierungskampagnen, Schulen für Entwicklungsländer und die Förderung der internationalen Wissenschaftskooperation. In der Kulturarbeit begann sie früh mit der Identifizierung und dem Schutz wichtiger Kulturstätten sowie mit Maßnahmen zum Erhalt bedrohter Sprachen und Traditionen. Letztere werden mittlerweile als immaterielles Kulturerbe bezeichnet.

Eine der bekanntesten Initiativen der Unesco ist das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt, das 1972 beschlossen wurde. Dieses “Weltkulturerbe”-Programm erkennt Stätten von außergewöhnlichem universellem Wert an und verpflichtet die Vertragsstaaten, deren Erhalt zu sichern. Zum ersten Mal wurden Listen erstellt, auf denen sowohl herausragende Bauwerke und Städte als auch Naturräume wie Nationalparks oder Reservate verzeichnet sind.

Heute umfasst die Unesco-Welterbeliste insgesamt 1.248 Stätten in 170 Ländern. Als die Liste 1978 begonnen wurde, fanden sich dort lediglich zwölf Welterbestätten. Etwa die Hälfte aller Unesco-Stätten liegt in Europa und Nordamerika. Kritiker werfen der Organisation deshalb mangelnde Vielfalt vor – zu oft würden gotische Kathedralen und historische Altstädte geehrt, zu selten Zeugnisse anderer Kulturen.

In den vergangenen Jahren sah sich die Unesco wie die UNO und deren weitere Unterorganisationen immer wieder mit Kritik konfrontiert. Bei der Unesco gingen die Vorwürfe dahin, dass ihre Verfahren zur Anerkennung von Welterbestätten zu langwierig und zu stark von politischen Interessen geprägt seien. Zudem bringe der Titel “Welterbe” nicht nur Ruhm, sondern mancherorts auch Probleme – etwa durch Massentourismus und die damit verbundenen Belastungen für Mensch und Umwelt.

Hinzu kommt, dass viele Stätten heute durch den Klimawandel bedroht sind: Extremwetter, Überschwemmungen oder Hitze setzen historischen Bauwerken und Landschaften zu. Gleichzeitig erschweren finanzielle Kürzungen und politische Krisen die Arbeit der Organisation.

Dennoch ist die Weltkulturerbeliste heute eines der wirksamsten Instrumente zur Erhaltung des globalen Erbes. Der Schutzmechanismus hilft nicht nur, konkrete Restaurierungs- und Erhaltungsprojekte zu finanzieren, sondern stärkt auch das Bewusstsein für den kulturellen Wert vieler Orte.

In Krisensituationen – wie beim Brand der Kathedrale von Notre-Dame 2019 oder der Zerstörung historischer Stätten in Syrien während des Bürgerkriegs – spielt die Unesco eine wichtige Rolle bei der Dokumentation von Schäden und bei der Planung des Wiederaufbaus.

Die Unesco vertritt die Auffassung, dass Frieden nicht allein durch Verträge oder politische Abkommen gesichert werden kann. Deshalb arbeitet sie an nachhaltiger Bildung, freiem Zugang zu wissenschaftlicher Forschung und der Bewahrung von Kulturen. Dazu zählt auch die Unterstützung bedrohter indigener Traditionen, die Förderung unabhängiger Medien und Programme zum Bewusstsein für Klimawandel und Biodiversität.

Trotz aller Kritik an der UN-Organisation: Wenn ein zerstörter Tempel wieder aufgebaut, ein Mädchen zur Schule geschickt oder ein bedrohtes Korallenriff geschützt wird, wird die Grundidee umgesetzt. Kultur und Bildung sind nicht Luxus, sondern nach Ansicht der Unesco Lebensgrundlagen und ein Menschenrecht.