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Umstrittenes israelisches Siedlungsprojekt kurz vor Genehmigung

Das Vorhaben gilt vielen als potenzieller Sargnagel der Zwei-Staaten-Lösung: Macht Israel seine Pläne zum Ausbau des Gebiets östlich von Jerusalem wahr, teilt der neue Siedlungskorridor Palästina in zwei Teile.

Der rechtsextreme israelische Finanzminister Bezalel Smotrich will ein bislang eingefrorenes Siedlungsprojekt östlich von Jerusalem genehmigen. Ziel ist ein durchgehendes Siedlungsgebiet bis Ma’ale Adumim an der schmalsten Stelle des besetzten Westjordanlandes. Das Vorhaben “begräbt die Idee eines palästinensischen Staates”, erklärte Smotrich laut israelischen Medienberichten (Donnerstag). Der Minister kündigte eine Ausschreibung für über 3.000 Wohneinheiten an.

Mit der Genehmigung setze die Regierung “die zahlreichen Schritte fort, die wir vor Ort als Teil des De-facto-Souveränitätsplans unternehmen”, so Smotrich. Der zuständige Ausschuss wies laut den Berichten alle Einsprüche zurück. Die abschließende Anhörung soll am Mittwoch stattfinden.

Die Organisation “Ir Amim” (Stadt der Völker) warf der israelischen Regierung vor, “Apartheid zu errichten”. Andere Staaten, die sich für eine Anerkennung Palästinas einsetzten, sollten konkrete Maßnahmen ergreifen. Israel lasse sich “von diplomatischen Gesten oder Verurteilungen nicht beirren”, sagte Aviv Tatarsky von “Ir Amim”, das für ein friedliches Zusammenleben der Bevölkerungsgruppen in Jerusalem eintritt.

Die israelische Friedensinitiative “Peace Now” nannte den Siedlungsplan “tödlich für die Zukunft Israels und für jede Möglichkeit, eine friedliche Zwei-Staaten-Lösung voranzubringen”. Nach Einschätzung der Organisation könnte bereits in wenigen Monaten mit Vorarbeiten und innerhalb eines Jahres mit dem Wohnungsbau begonnen werden. Die Regierung treibe das Land mit voller Kraft in den Abgrund, so “Peace Now”.

Die rechte Siedlerorganisation “Regavom” hingegen begrüßte den Schritt als “entschlossene Maßnahme zum Schutz der Zukunft Israels und seiner ewigen, vereinigten Hauptstadt Jerusalem”. Bereits Ende Juli hatte “Regavom” erklärt, der Ausbau des Landkorridors, der das Westjordanland faktisch teilt, könne “die potenziell katastrophale Verbindung zwischen wichtigen arabischen Bevölkerungszentren” verhindern.

Das für den Ausbau anvisierte Gebiet wird mit einer Chiffre aus der britischen Mandatszeit als “E1” (East 1) bezeichnet. Es gilt sowohl für die territoriale Integrität Palästinas als auch für Siedlungsvorhaben Israels als strategisch wichtig.

Die betreffenden Pläne entstanden in den frühen 1990er Jahren unter Ministerpräsident Jitzchak Rabin. Aufgrund internationalen Drucks wurden sie bis 2005 eingefroren, dann unter Regierungschef Benjamin Netanjahu 2012 erneut aufgegriffen. 2020 kündigte Israel den Bau von 3.500 Wohneinheiten sowie einer Umgehungsstraße an, die palästinensische Bewohner um E1 herumleiten würde.

International wird das Siedlungsprojekt kritisiert. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) erklärte bei einem Besuch Anfang August, Vorhaben wie dieses legten es darauf an, “ein zukünftiges palästinensisches Staatsgebiet zu zerstückeln und die Bewegungsfreiheit der Palästinenser einzuschränken”. Deutschland lehne “jegliche Annexionsfantasien, sei es für Gaza oder für das Westjordanland, die auch von Teilen der israelischen Regierung hervorgebracht werden”, ab.