Umstrittener „Pink Floyd“-Mitbegründer Roger Waters wird 80

Zuletzt irritierte der frühere Kopf der Band „Pink Floyd“ mit antisemitischen Provokationen – und erhielt dafür harsche Kritik. Im September feiert der exzentrische Rockstar seinen 80. Geburtstag.

Roger Waters, früherer Kopf von "Pink Floyd", provoziert mit politischen und religiösen Symbolen
Roger Waters, früherer Kopf von "Pink Floyd", provoziert mit politischen und religiösen SymbolenImago / Avalon.red

Manche sagen, es sei die Irrfahrt eines senilen Rockstars. Andere sehen in seiner Israel-Kritik nur dumpfen Antisemitismus. Seit 40 Jahren lässt Roger Waters, Mastermind der Band Pink Floyd, bei seinen Shows ein Schwein fliegen. Darauf projiziert er die Symbole vermeintlicher Übeltäter in der Welt: Dollarzeichen, Hammer und Sichel, Firmenlogos, ein Kreuz, den islamischen Halbmond – und auch den Davidstern. Waters stilisiert sich zum „Heilsbringer“, lässt auf das schwebende rosafarbene Gummitier schießen.

Aktionen wie diese – bei seinen fünf Konzerten in Deutschland im Mai verzichtete er auf den Davidstern – haben den exzentrischen britischen Rockstar, der am 6. September 80 Jahre alt wird, zur Zielscheibe harscher Kritik gemacht. Ihm werden seit längerem israelfeindliche und antisemitische Äußerungen und seine Nähe zur israelfeindlichen Boykottkampagne BDS vorgeworfen.

Konzertverbote in Deutschland gescheitert

In Frankfurt am Main kündigten die Stadt und das Land Hessen im Februar den Veranstaltungsvertrag für ein Waters-Konzert in der Frankfurter Festhalle wegen „anhaltend israelfeindlichen Auftretens“ des Sängers. Das Verwaltungsgericht Frankfurt entschied aber, dass Waters das geplante Konzert abhalten dürfe. Rund 400 Menschen demonstrierten dagegen, darunter der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, Salomon Korn.

Protest gegen ein Konzert von Roger Waters an der Festhalle in Frankfurt am Main
Protest gegen ein Konzert von Roger Waters an der Festhalle in Frankfurt am Mainepd-bild / Peter Juelich

Auch in Köln, Berlin und München gab es Proteste und Forderungen nach Auftrittsverboten für Waters. Dieser wiederum fühlt sich verleumdet, sieht die Kunstfreiheit bedroht und schickt seine Rechtsanwälte in den Ring. Antisemitismusvorwürfe weist Waters zurück. Unter Tränen beteuerte er Ende Mai bei seinem von Protesten begleiteten Konzert in der Frankfurter Festhalle: „Das bin ich nicht.“ Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn, nachdem er bei seinem Auftritt in Berlin Mitte Mai eine Nazi-ähnliche Uniform trug und mit einer Spielzeugmaschinenpistole um sich schoss.

Fans diskutieren und sind gespalten

Fans und Freunde haben sich entsetzt von ihm abgewandt – oder verteidigen ihn mit Petitionen im Internet. Viele diskutieren: Kann man die Musik von Roger Waters, der mit kruden Verschwörungstheorien verstört, der den russischen Machthaber Putin und dessen Krieg in der Ukraine verteidigt und die Nato als Hauptaggressor sieht, überhaupt weiterhören, seine Konzerte besuchen? „Altersstarrsinn“ attestierte der Berliner Pop-Experte Jens Balzer dem früheren Kopf der seit langem zerstrittenen Band „Pink Floyd“ gegenüber dem Radiosender SWR 2. Mit Konzertverboten ermögliche man es Waters, in eine Opferrolle zu schlüpfen.

Unbestritten ist, dass der Bassist, Sänger und Songschreiber mit Pink Floyd die Entwicklung der Rockmusik seit den späten 1960er Jahren nachhaltig geprägt und zahlreiche Klassiker geschrieben hat: „Wish You Were Here“, „Shine On You Crazy Diamond“, „Money“ und „Another Brick In The Wall“ – den Titelsong des kommerziell erfolgreichsten Albums der Band, „The Wall“. Vor 50 Jahren – 1973 – erschien mit „The Dark Side Of The Moon“ das berühmteste Album der Musiker, die in ihrer Karriere mehr als 300 Millionen Tonträger verkauften. Für den Oktober dieses Jahres hat Waters die Veröffentlichung einer Neuaufnahme des Werks mit Gastmusikern angekündigt.

Architekturstudent Waters, geboren 1943 in Great Bookham in der südenglischen Grafschaft Surrey, gründete „Pink Floyd“ 1965 gemeinsam mit dem Sänger und Gitarristen Syd Barrett, dem Keyboarder Richard Wright und dem Schlagzeuger Nick Mason in London. Die Band gilt als Pionierin des Progressive Rock: Typisch sind Konzeptalben mit sehr langen, komplex arrangierten Songs, in denen sphärische Keyboard-Klangteppiche und melodiöse Gitarrensounds dominieren. Die Musiker setzten auch technische Maßstäbe, experimentierten mit neuen Sounds und brachten erste Multimediashows auf die Bühne.

Ehemalige Bandkollegen schließen Comeback aus

Bereits drei Jahre später verließ Sänger Syd Barrett die Band, er litt unter psychischen Problemen. Waters avancierte zum Bandleader. Als Hauptsongschreiber verfasste er auch die Texte, die häufig autobiografische Züge trugen. Inhaltlich arbeitet sich der Musiker oft sarkastisch an den Themen menschliche Entfremdung, Desinformation und diktatorische Unterdrückung ab. Das Konzeptalbum „The Wall“ (1979), in dem ein Rockstar durch die Mauer in seinem Kopf in den Wahnsinn getrieben wird, gilt als Waters‘ Meisterwerk. Nach dem Fall der Berliner Mauer führte er es 1990 vor rund 250.000 Menschen in einer spektakulären Show auf dem Potsdamer Platz in Berlin auf.

1985 verließ der Musiker seine nie offiziell aufgelöste Band und tritt seither als Solist auf. Waters scheint in letzter Zeit wieder auf seine alten Kollegen zugehen zu wollen. Doch Gitarrist David Gilmour zeigt ihm die kalte Schulter. Man sei „fertig miteinander“, sagte er 2021 dem US-amerikanischen Magazin Guitar Player. „Und es wäre einfach nicht echt, wieder zurückzukehren und es nochmal zu probieren.“