Umstrittener Gewinner

Félix Tshisekedi wurde am letzten Tag des Jahres 2023 zum Wahlsieger der Präsidentschaftswahl in der Demokratischen Republik Kongo erklärt. Im Januar soll er für seine zweite Amtszeit vereidigt werden. Seine Kontrahenten zweifelten bereits die Richtigkeit seiner Wiederwahl an und fordern Neuwahlen. Seit 2019 regiert der 60-Jährige das flächenmäßig zweitgrößte Land des afrikanischen Kontinents. Sowohl Wissenschaftler als auch die Afrikanische Union zweifelten seinen ersten Wahlsieg an. Der nun abermals unterlegene Oppositionspolitiker Martin Fayulu hätte die Wahl damals eigentlich gewonnen, heißt es.

Mit Fayulu hatte Tshisekedi 2018 eigentlich eine Koalition gebildet, die Tshisekedi dann aber wenige Wochen vor der Wahl sprengte und seine eigene Kandidatur verkündete. Kritiker sagen, Tshisekedis erster Wahlsieg sei ein abgekartetes Spiel mit dem Vorgänger Joseph Kabila gewesen, der Tshisekedi ins Amt geholt habe, um selbst weiter geschützt zu sein. Im Parlament blieb eine Kabila nahestehende Mehrheit. Es war der erste gewaltfreie Machtwechsel in dem Land, seit das Land sich von der Kolonialherrschaft befreit hatte.

Tshisekedi stammt aus einer politischen Familie. Sein Vater Étienne war die Figur, die im Kongo für demokratischen Widerstand gegen ein autokratisches und von Vetternwirtschaft geprägtes System stand und lange der beliebteste Politiker im Kongo. 1982 gründete er die Partei „Union für Demokratie und sozialen Fortschritt“ (UDPS), um gegen den Diktator Mobutu Sese Seko zu mobilisieren. Später war er mehrmals Premierminister.

Félix Tshisekedi wurde als drittes von fünf Kindern geboren, als Kinshasa noch Leopoldsville hieß, nach dem belgischen König, gerade mal drei Jahre nach dem Ende der belgischen Kolonialherrschaft 1960. Der Diktator Mobutu verbannte die Familie aufgrund der politischen Aktivitäten des Vaters erst in die Provinz, dann ging die Mutter mit den Kindern nach Belgien. Tshisekedis Bildungsweg ist nicht ganz klar. Klar ist, dass er in die Fußstapfen seines Politikervaters trat. Mit weniger Prinzipien, aber hohem Machtstreben.

Mittlerweile ist aus der Partei von Étienne Tshisekedi das geworden, was er Zeit seines Lebens zu bekämpfen versuchte. Ein Familienunternehmen. 2017 übernahm Félix Tshisekedi nach dem Tod seines Vaters dessen Amt als Parteivorsitzender – und auch die Präsidentschaftskandidatur. Er versprach 2018 im Wahlkampf, Korruption und Armut zu bekämpfen und Wirtschaftswachstum herbeizuführen, die DR Kongo sollte das „Deutschland Afrikas“ werden, erklärte er.

Das Land ist reich an natürlichen Ressourcen, trotzdem ist ein Großteil der Bevölkerung arm. Insgesamt erstreckt sich die Demokratische Republik Kongo über eine Fläche, die mehr als sechsmal so groß wie Deutschland ist, mit knapp 96 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Laut Transparency International gehört das Land zu den 15 korruptesten Ländern der Welt.

Seit Jahrzehnten werden Kriege um den Zugang zu Ressourcen auf Kosten der Zivilbevölkerung geführt, vor allem im Osten des Landes. Dort haben bewaffnete Rebellengruppen die Kontrolle über Teile des Landes. Seit 2022 eskaliert die Gewalt, die M23-Rebellen kämpfen mit der Armee und sollen dabei aus dem Nachbarland Ruanda unterstützt werden. Hunderttausende Zivilisten sind allein in diesem Jahr vor der Gewalt geflohen. Die Beziehungen zwischen Tshisekedi und dem ruandischen Präsident Paul Kagame sind eisig.

Tshisekedi hatte sich eine Truppe der ostafrikanischen Gemeinschaft zur Hilfe gerufen, doch die hat er nach nur einem Jahr wieder herausgeworfen. Auch die UN-Truppen, die seit 25 Jahren im Land sind, sollen seiner Meinung nach so schnell wie möglich das Land verlassen. Eine Truppe aus den südafrikanischen Ländern soll jetzt helfen, doch wie das funktionieren soll, ist unklar. Tshisekedi schießt vor, ohne fixen Plan, aber mit viel Selbstbewusstsein.

In seiner Rede zur Lage der Nation erklärte der Präsident kürzlich, er habe in seiner Amtszeit das Staatsbudget verdreifacht. Doch viele Menschen haben weiter mit geringen Einkommen und der steigenden Inflation zu kämpfen. Immerhin: Tshisekedi setzte durch, dass die Grundschulbildung für alle frei zugänglich ist. Dadurch gehen jetzt mehr Kinder zur Schule. Doch die personelle und materielle Ausstattung der Schulen lässt zu wünschen übrig.