Umfrage: Bundesländer haben zu wenige Frauenhaus-Plätze

In Deutschland gibt es überall zu wenige Plätze in Frauenhäusern. Das geht aus einer Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (25. November) bei den Ministerien der Bundesländer hervor. Die Mehrheit der Länder stellt trotz teils erheblicher Fortschritte immer noch weniger als die Hälfte der Schutzplätze bereit, die für Deutschland empfohlen werden. Am kommenden Mittwoch will das Bundeskabinett über ein Gewalthilfegesetz beraten, das die Situation verbessern soll.

Nach dem Übereinkommen des Europarats zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und von häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) sollen Schutzplätze für Frauen und Kinder „in ausreichender Zahl“ zur Verfügung stehen. Für Deutschland, das sich verpflichtet hat, die Konvention umzusetzen, werden 2,5 Plätze für Frauen und Kinder auf 10.000 Einwohner empfohlen.

Die Quoten in den Bundesländern liegen indes nach Angaben der Ministerien und Berechnungen des epd zwischen 0,5 und rund 2,1 Schutzplätzen pro 10.000 Einwohner und Einwohnerinnen. Am unteren Ende sind Sachsen-Anhalt und das Saarland mit rund 0,6 Plätzen auf 10.000 Einwohner (vier Frauenhäuser mit insgesamt 33 Schutzplätzen) zu finden. Es folgen Bayern, Rheinland-Pfalz (0,6), Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen mit rund 0,7 bis 0,8 Plätzen.

Mecklenburg-Vorpommern stellt rechnerisch einen Platz für schutzsuchende Frauen und ihre Kinder pro 10.000 Einwohner bereit. Brandenburg, Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen liegen darüber, mit Quoten von knapp 1,2 bis 1,6 Plätzen. Das Land Bremen ist mit rund 2,1 Frauenhausplätzen pro 10.000 Einwohner ein Ausreißer. Mehrere Länder wollen die Zahl ihrer Schutzplätze weiter erhöhen, darunter Sachsen, Berlin, Hamburg, Rheinland-Pfalz (19 Frauenhäuser mit mehr als 140 Plätzen bis Anfang 2025) und Thüringen.

Die Platzzahlen pro 10.000 Einwohner geben keine Auskunft über die gesamte Hilfe-Struktur in einem Bundesland, etwa über Beratungsstellen, Übergangswohnungen, Gewaltprävention und Täterarbeit. Das Frauenministerium von Rheinland-Pfalz erklärte, man setze „nicht auf die Erfüllung von bloßen Zahlen, sondern auf gute Konzepte“. Ähnlich äußerten sich Hamburg, Baden-Württemberg und Hessen (333 Schutzplätze für Frauen in 31 Frauenhäusern). Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt erarbeiten derzeit eine Strategie zur Umsetzung der Istanbul-Konvention.

Hilfesuchende Frauen müssen sich je nach Bundesland mit acht bis 22 Euro pro Tag an den Kosten ihres Aufenthalts im Frauenhaus beteiligen. In Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin und Bremen werden keine Zuzahlungen verlangt. Thüringen will 2025 folgen, Sachsen-Anhalt setzt auf das Gewalthilfegesetz, um die Eigenbeteiligung von bis zu 15 Euro pro Tag abschaffen zu können. Angaben aus Sachsen (55 Prozent) und dem Saarland (79 Prozent) zeigen beispielhaft, dass in der Mehrzahl der Fälle die Kosten von Jobcentern oder Sozialämtern übernommen werden. Exakte Daten zur Kostenübernahme und Selbstzahlerinnen übermittelten die meisten Länder nicht.

Länder und Kommunen finanzieren die Frauenhäuser je nach Bundesland zu unterschiedlichen Anteilen. Der Bund gibt Zuschüsse. Die gescheiterte Ampel-Koalition wollte mit dem Gewalthilfegesetz den Bund zur verlässlichen Mitfinanzierung der Frauenhäuser verpflichten. Es soll ein Rechtsanspruch auf Beratung und Schutz eingeführt werden. In der Folge müssten mehr Schutzplätze eingerichtet werden.

Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) hatte keine Einigung mit Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) über die Finanzierung erzielen können. Im Gesetzentwurf sind für zehn Jahre von 2027 bis einschließlich 2036 rund 2,6 Milliarden Euro eingeplant, wie eine Ministeriums-Sprecherin dem epd bestätigte. Lindners Nachfolger Jörg Kukies (SPD) habe inzwischen Zustimmung signalisiert. Dass das Gesetz aber bis zu den Neuwahlen im Bundestag beraten und beschlossen wird, ist derzeit unwahrscheinlich.

Paus zufolge gibt es bundesweit rund 350 Frauenhäuser und 100 Schutzwohnungen. Dort suchten 2023 rund 14.200 Frauen mit 16.000 Kindern Zuflucht. Dem Bundeskriminalamt zufolge nimmt die Gewalt gegen Frauen zu. Im vergangenen Jahr wurden 360 Frauen umgebracht; das ist ein Femizid an fast jedem Tag.