Ukrainerin Andruchowytsch erhält Hesse-Preis

Die Jury lobt ein sprachgewaltiges Panorama der Ukraine im 20. Jahrhundert. Geehrt werden auch die virtuosen Übersetzer. Preisverleihung am 2. Juli – dem Geburtstag des Literaturnobelpreisträgers Hermann Hesse.

Die ukrainische Schriftstellerin Sofia Andruchowytsch und ihre Übersetzer Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck erhalten am Dienstag in Calw den internationalen Hermann-Hesse-Preis 2024. Andruchowytsch wird für ihr dreibändiges “Amadoka-Epos” ausgezeichnet. Ihr sei es gelungen, auf formal vielfältige und beeindruckende Weise ein “weitgespanntes Panorama der Ukraine des 20. Jahrhunderts zu entwerfen”, begründete die Preisjury. Verliehen wird der mit 20.000 Euro dotierte Preis traditionell in der baden-württembergischen Heimatstadt des Nobelpreisträgers Hermann Hesse an dessen Geburtstag am 2. Juli.

Konkret gehe es Andruchowytsch um die “traumatischen Phasen der Geschichte, die das kollektive Gedächtnis der Ukrainer und Ukrainerinnen geprägt haben: den Krieg in der Ostukraine, den Holocaust und den Stalinismus”. Die 42-jährige Autorin zeichne Sprachkraft aus, so die Jury. Dem Übersetzer-Team sei es gelungen, das “sehr differenzierte Sprachregister” virtuos ins Deutsche zu übertragen: “Die historischen Stimmen und Tonlagen aus 100 Jahren treffen sie ebenso wie die unterschiedlichen Erzählkonstruktionen, die lässig oder unzuverlässig sind, schlicht oder raffiniert, gebannt von den historischen Gräueln und stark in der Suche nach dem eigenen Glück.”

Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben. Laut Statuten werden Autoren und Übersetzer ausgezeichnet, deren Werk noch nicht die Anerkennung und Aufmerksamkeit erfahren haben, die sie nach Auffassung der Jury verdienen. 2022 wurde der türkische Autor Hakan Günday, 2020 die nigerianische Autorin Chimamanda Ngozi Adichie ausgezeichnet.